Als Jahrgang ’73 bin ich sozusagen mit dem Honda Civic aufgewachsen. Bewusst wahrgenommen habe ich zuerst die dritte und vierte Generation, die fünfte kam in dem Jahr auf den Markt, in dem ich meine Fahrerlaubnis fürs Auto machte. All diese Generation waren häufig im Straßenverkehr anzutreffen und im Bekanntenkreis in verschiedenen Varianten als klassisches Schrägheck, als Coupé und als CRX anzutreffen – gerne mit Auspuffanlagen der Firma Mohr. Leser meiner Generation werden sich noch an die Endrohre erinnern, die andere Menschen aufgrund des Durchmessers zwischen Ofen und Kaminabzug anbringen würden.

All dies ist lange her, doch die folgenden Civics waren bei mir irgendwie nicht mehr so präsent. Die sechste Generation gefiel mir aufgrund der großen Scheinwerfer nicht (wer konnte damals schon ahnen, dass wir mal so einen haben würden), die siebte war bieder ohne Ende. Das muss der Zeitpunkt gewesen sein, wo man sich bei Honda dachte, dass langweiliges Design gar nicht geht. Und man entwarf die 8. Generation, die zwei Lager schaffte: entweder man liebte den Honda Civic oder man hasste ihn. Dazwischen blieb wenig Raum. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob die Verkaufszahlen ob des extravaganten Designs einbrachen, aber die aktuelle Generation ist wieder etwas weniger provokant gestaltet.

Im August letzten Jahres hatten wir Erlkönigbilder des neuen Honda Civic veröffentlicht und so war es natürlich äußerst interessant, das fertige Produkt zu testen. Als dieser vor Kurzem hier auftauchte, fiel dabei der erste Blick auf die Front, die im Vergleich zum Vorgänger in meinen Augen deutlich entschärft war. Ich ließ meinen Blick die Seite entlang schweifen, bis dieser unweigerlich an einer hervorstehenden Rückleuchte hängenblieb. Diese bildet eine Einheit mit dem Heckspoiler, der wie beim Vorgänger, die Sicht nach hinten trotz zweier Scheiben einschränkte. Definitiv nicht mein Geschmack, aber die Designer und Ingenieure werden sich dabei schon etwas gedacht haben.

Das Thema Design wird im Innenraum des Wagens fortgeführt. Nach dem Öffnen der Fahrertür fällt einem zuerst der Modellschriftzug auf der Einstiegsleiste auf. Gut, das machen andere Hersteller auch, aber bei denen ist der Name dann nicht blau beleuchtet, oder? Das blau leuchtende Civic weist mir also den Weg ins Wageninnere. Der extrem hervorstehende Teil der Türverkleidung der Fahrertüre verbindet sich nach dem Schließen selbiger mit dem Armaturenbrett. Diese Linie zieht sich herum bis zur Mittelkonsole und man sitzt somit in einer Art Cockpit.

Dort schaut man auf drei Rundinstrumente, von denen das größte und mittig platzierte die Drehzahl anzeigt und fast schon Porsche-Feeling aufkommen lässt, wenn man die Zahlen nicht näher betrachtet, denn schließlich sitze ich in einem Diesel. Die Instrumente links und rechts davon geben Auskunft über die Wassertemperatur und den Tankinhalt. Da fehlt doch der Tacho, möchte man meinen. Doch oberhalb der Rundinstrumente verläuft eine breite Anzeige, in deren Mitte die Geschwindigkeit angezeigt wird. Diese wird flankiert von zwei blauen Balken, die bei eingeschaltetem ECON-Modus und sparsamer Fahrweise grün werden. Rechts davon befindet sich die Anzeige für den Verbrauch, den Radiosender und weitere Informationen.

Der mittig platzierte Bildschirm des Audiosystems inkl. Telefon und Navigation hat dann mit Design nicht mehr viel am Hut, ist dafür aber gerade mit der Rückfahrkamera umso funktionaler. Auch die Regelung Klimaanlage wirft keinerlei Fragen auf, blieb von Designorgien verschont. Als ich am Dach den Knopf zum Öffnen entdeckte staunte ich nicht schlecht: in zwei Richtungen verschwand der geteilte Dachhimmel und gab den Blick auf ein riesiges Glasdach frei. Dieses konnte man zwar nicht öffnen, aber es bot den Kindern ein interessantes Panorama in der Aachener Innenstadt.

Dort fiel mir auch das erste Mal bewusst das Start-und-Stopp-System auf, das mich beim ersten Einsetzen immer noch erschreckt. Es stellt den Diesel an der Ampel ab, wenn man im Stand in den Leerlauf schaltet. Zum Diesel kann ich kaum etwas schreiben. Ich zitiere einfach mal meinen Nachbarn, der mit den Worten “Ist das der Diesel? Der Motor gewinnt andauernd Vergleichstest!” auf mich zukam. Der 2,2 Liter Vierzylinder verhält sich dabei äußerst unaufdringlich, bietet mit seinen 150 PS genügend Kraftreserven, um auf der Landstraße auch mal ein oder zwei Trecker zu überholen und ist somit jeder Lebenslage gewachsen.

Für mich etwas störend war die Tatsache, dass auf die flott durchgeführte “Pedal-Bodenblech-Kombination” nicht ebenso direkt reagiert wird. Der Fluch der Elektronik, hier gibt der Wagen erst “behutsamer” Gas bis er den Vollgasbefehl umsetzt. Äußerst weich, aber auch unsportlich. 98 Prozent der Käufer wird dies allerdings vollkommen egal sein, sie werden sich einfach am niedrigen Verbrauch des Honda Civic2.2 i-DTEC erfreuen. Hier konnte ich die Werksangabe von 4,2 Litern zwar nicht erreichen, lag mit meinen 7 Litern bei sportlicher Fahrweise in den Serpentinen der Eifel aber sicherlich auch nicht so schlecht.

Mein Fazit fällt entsprechend positiv aus: Wenn einem das Design zusagt oder eher egal ist, dann kann man mit dem Honda Civic nichts falsch machen. Bei rund 22.000 Euro Listenpreis geht es für den Diesel los, da gibt es beim Klassenprimus gerade mal einen 1,6 Liter mit 45 PS weniger. Und auch wenn die Kritiker jetzt wieder mit Wertverlust und anderen Dingen ankommen, lohnt es sich meiner Meinung nach, dem Civic eine Chance zu geben.