Eigentlich kein richtiges rad-ab.com Thema, aber da mir selbst im automobilen Bereich schon mehrfach so etwas passiert ist, passt es eventuell doch ganz gut. Man hat eine Content-Idee, skizziert diese kurz, umreisst die Kosten und rechnet mit spitzer Feder noch mal nach. Eventuell erstellt man auch ein Angebot oder gar schon Probearbeiten und hört dann erstmal nichts… irgendwann bekommt man dann eine Absage bzw. hört gar nichts mehr von der jeweiligen Agentur / dem Ansprechpartner und nach ein paar Wochen / Monaten oder Jahren: Wundert man sich. Denn die damalige Idee sieht man nun – mehr oder weniger – genauso umgesetzt. Das ist nun auch Michael Görmann passiert. Michael kennt man in der Szene, er ist für den Automobil-Bereich im Playboy verantwortlich. Michael hat aber ganz nebenbei auch noch ein gutes Auge. Er fotografiert gerne und hat im Jahre 2009 auch eine ganz interessante Idee  aufgegriffen. Diese wurde nun ganz ähnlich von einem Automobilkonzern aus Ingolstadt umgesetzt – leider jedoch ohne ihn. Shit Happens? Nun, das passiert “uns” wirklich häufiger als einem lieb ist. Doch inzwischen kann man sich im Internet ja ganz gut Luft machen. Dafür ist das Social-Web ja durchaus geeignet. So habe selbst ich im fernen Amerika “Wind davon bekommen” und musste einfach mal nachfragen:

Hallo Michael, ich bin ja – genauso wie Du auch – zur Zeit in den USA. Hier bekomme ich von dem was in Deutschland zur Zeit so passiert, auf Grund der Zeitverschiebung relativ wenig mit. Du hast dir allerdings via Facebook Luft gemacht und unterstellst nun dem Automobilhersteller Audi deine Idee abgekupfert zu haben. Erzähl doch mal kurz, was ist genau vorgefallen?

Ich möchte niemandem eine böse Absicht unterstellen, aber ich wundere mich schon etwas über die Geschehnisse. Im Jahr 2009 habe ich in Ingolstadt vorgeschlagen, man könne doch einmal ein Auto in Infrarot produzieren. Die Idee ging durch verschiedene Instanzen, man war sehr interessiert und ließ mich eine Probeproduktion mit einem Audi Q7 machen. Nach mehreren Gesprächen schlief das Projekt dann irgendwann ein. Auf mehrfache Nachfrage erhielt ich die Auskunft, im Moment komme eine IR-Kampagne nicht in Frage, aber „vielleicht später mal.“ Und so scheint es ja nun tatsächlich auch zu sein.

Wie kommt man denn darauf, seine Kamera umzubauen um derartige Fotos zu machen? Deine Bilder sehen ja wirklich toll aus. Inzwischen sind solche Fotos ja auch durch Photoshop oder ähnliche Bildbearbeitungsprogramme möglich geworden. Wie aufwendig war der Umbau damals?

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Mit Infrarotfilmen habe ich bereits in den 80er-Jahren experimentiert. Das war ungeheuer aufwändig, aber die Ergebnis sind faszinierend. Verschiedene Oberflächen reflektieren infrarotes Licht ganz unterschiedlich, Chlorophyll etwa besonders stark. Deshalb werden grüne Pflanzen, Bäume, Gras, im Infrarotlicht strahlend weiß. Die Digitaltechnik macht die IR-Fotografie vergleichsweise leicht, jedoch muss man zuvor den so genannten Tiefpassfilter aus der Kamera ausbauen. Er schützt den Sensor normalerweise vor unerwünschten Artefakten und Streulicht aus anderen Spektralbereichen als jenem des für das menschliche Auge sichtbaren Lichts. Sobald der Filter entfernt ist, kann die Kamera das gesamte Lichtspektrum aufnehmen. Mit einem Schraubfilter vor der Linse definiere ich dann, was ich aufnehmen möchte, etwa UV-Licht oder eben infrarotes Licht. Die Belichtung ist dann noch etwas tricky, denn mit dem bloßen Auge sieht man durch die Kamera nichts. Das Bild ist schwarz. Am Ende muss das Rohbild dann in Photoshop entsprechend getunt werden. Übrigens: IR-Bilder, die mit einem Photoshop-Filter erzeugt werden, sind reiner Fake. Der Effekt kann an die Wirklichkeit nicht im Entferntesten heranreichen.

Was sagt der Hersteller? Du bist doch mit vielen Kollegen aus Ingolstadt gut vernetzt? Hat man sich von dort schon geäussert? Das Teilweise “Ideen” anderer dann über “Agenturen” eingekauft wurden, passiert ja nicht nur in Ingolstadt.

Eine offizielle Reaktion von Audi gibt es nicht. Ich habe den Vorfall privat auf zwei Audi-Facebook-Seiten gepostet. „Audi Deutschland“ hat ihn weder freigeschaltet noch reagiert. „Audi AG“ hat ihn ebenfalls nicht freigeschaltet, antwortete aber immerhin mit einer Baukastenantwort. Das war jedoch bisher alles. Meine Ansprechpartner in der Pressestelle reagieren unterschiedlich. Zwei wollen sich mal intern über die Angelegenheit informieren.

Vor ein paar Wochen gab es erst noch den Vorfall, dass es Abmahnungen gab gegen Kollegen, die Pressebilder benutzt haben. Auch hier hat eine Fotoagentur Bilder gekauft von einem “dubiosen Händler” und später die Rechte einklagen wollen. Schade nur, dass diese Bilder Pressebilder waren. Die Abmahnungen wurden wieder zurückgezogen. Du hattest dich via Facebook in einigen Gruppen beschwert, was wolltest du damit erreichen und ist dir so etwas ähnliches schon einmal in deiner Laufbahn passiert?

Ich habe mich in keiner Gruppe beschwert. Ich habe den Vorfall lediglich auf meiner Facebook-Seite gepostet. Denn es gibt natürlich einen Interessenkonflikt zu bedenken. Audi ist ein angesehener Geschäftspartner meines Arbeitsgebers. Auch ich selbst arbeite gut und gern mit meinen Presse-Ansprechpartnern bei Audi zusammen. Da heißt es für mich als kleiner Angestellter ggf. Füße stillhalten und eigene Befindlichkeiten hinter die Verlagsinteressen stellen. Aber ich finde: Alles hat seine Grenzen. Und auf einer privaten Facebook-Seite wird man seinem Ärger sicher Luft machen dürfen.

Wie geht es nun weiter und eine ganz andere Frage? Hast du die Kamera noch?

Ja, die Kamera habe ich noch, nutze sie aber mittlerweile nur sehr selten. Ich habe irgendwann festgestellt, dass ich so ziemlich alles fotografiert habe, was ich jemals in IR fotografieren wollte. Also vornehmlich Landschaften und Luftbilder. Auf www.michaelgoermann.de gibt es eine Infrarot-Sektion mit den besten Aufnahmen.

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Danke für die Zeit, im aktuellen Playboy gibt es übrigens neben Kate Moss (man war ich damals verliebt in die) natürlich auch wieder Fahrzeuge – welche haben es aktuell hinein geschafft?

Corvette C7 und Porsche 918 Spyder. Dazu ein DeLorean DMC, die Zeitmaschine aus „Zurück in die Zukunft“.

Ich hoffe ja, dass sich die Sache noch “gütlich” erledigt. Schließlich bleibt bei sowas ja immer ein fader Beigeschmack hängen und wer mag schon ein “versalzenes” Verhältnis. Ich habe Michael allerdings als professionellen Journalisten kennen und schätzen gelernt, der “berufliches” und “privates” sehr gut trennen kann. Wünschen würde ich mir, dass Michael bei der nächsten gemeinsam Fahrveranstaltung die Kamera mal mitbringen würde, denn ich mag diesen Stil sehr gerne leiden! © Fotos: Michael Görmann

Das was Michael passiert ist, passiert tagtäglich übrigens hunderten wenn nicht sogar tausenden Kreativen Köpfen. Man kann das Rad halt nicht mehr neu erfinden, sondern es nur noch weiter entwickeln. Dem Hersteller aus Ingolstadt vermag ich nun gar keine böse Absicht unterstellen, da derjenige der den Audi-Film (Infrarot Film) in Auftrag gegeben hat, damals noch gar nicht im Dienst war.

Das ist übrigens auch so ein allgemeines Problem. Ansprechpartner wechseln, man könnte auch fast denken, dass die hinter den Kulissen “Reise nach Jerusalem” bzw. Bäumchen-Wechsel-Dich spielen. Gerade im Face-to-Face Geschäft ist das nervig, denn man erstellt immer wieder neue Concepte bzw. fängt immer von Anfang an neu an. Die bereits vorgetragenen Ideen, tja – die wandern irgendwie immer mit und so ist man doch immer mal wieder verwundert wo die so alle auftauchen. Egal ob nun bei der Fotografie, beim Video oder einfach bei Content-Ideen.