Einige werde es wissen, ich möchte mein Cabrio verkaufen. Nicht weil ich es muss, sondern weil ich nun nach fast 10 Jahren mit dem Fahrzeug mal etwas anderes haben möchte. In einer automobilen Partnerschaft darf man nämlich durchaus auch mal fremdgehen, äh fremdfahren. Das Cabrio als Zweitwagen zu behalten wäre unsinnig, ich bin letztes Jahr mit dem Fahrzeug nicht einmal 5000 km gefahren, dieses Jahr würde ich den Wert nochmals unterbieten und wir wissen ja alle, wer ratet der rostet.
Aus Spaß bin ich heute mal zu so einem “Autohändler mit Gartenlaube” gefahren nur um zu schauen wie die denn wohl so ticken. Vorher habe ich mich natürlich informiert, wie mein Fahrzeug so im Durchschnitt gehandelt wird. So ein Fahrzeug bekommt man für 5000-6000 €, ich würde meinen eher im Bereich der 5000 € ansehen, da vorne an der Stoßstange leider ein Audi S8 zerschellt ist und die deswegen dort leicht eingerissen ist. Also nix wie hin zum Auto An- und Verkauf Gewürze Ex-und Import – Barankauf von KFZ bis 60.000 €.
Auf dem Platz standen zahlreiche Fahrzeuge von einer alten Mercedes S-Klasse bis hin zum Nissan 200SX Turbo, vom total zerbeulten Peugeot 206 bis hin zum VW Golf 3, der vermutlich bei der Abwrackaktion besser aufgehoben gewesen wäre. Ich also rein in die Bretterbude im 80er Jahre Charme. Auf dem Holzboden rote Teppiche, schwarz/weiß Monitore überwachten das Gelände und der Inhaber fuchtelte die ganze Zeit mit einem Schlüssel durch die Gegend während er in einer mir unbekannten Sprache scheinbar jemanden versuchte etwas zu erklären.
Anschließend kam er heraus und war einen fachmännischen Blick auf den Wagen. “Fremdfabrikate kaufen wir auch” sagte er – ich ließ meinen Blick nochmal über den Platz schweifen, wo wirklich alles vertreten war was 4 Räder und ein Lenkrad hatte und fragte mich wirklich was ich denn für ein Fremdfabrikat fahre aber nun gut, er bat mich den Motor zu starten, weil er hören wollte ob der Krümmer dicht ist. Also der Krümmer ist dicht, ob es der Verkäufer auch war weiß ich nicht. Denn er fragte mich: “Kupplung?” Ich: “Jep, trennt gut!” das reichte ihm für die Bewertung des Fahrzeuges, da ich eine ehrliche Haut bin, erzählte ich ihm noch dass die Bremsscheiben vorne und die Bremsbeläge gemacht werden müssten. Er winkte ab und verschwand in der Bretterbude.
Er tippte etwas bei mobile.de ein und fragte mich “Was willste denn haben?” jaja, den Trick kenn ich, ich konterte : “Och, weiß ich nicht, was gibt es denn so?”. Bei seiner Antwort musste ich mir das lachen schon verkneifen: “Zwei!”. Auf meine Rückfrage von welcher Währung wir sprechen (Ironie setzt bekanntlich Intelligenz beim Empfänger vorraus) sagte er nur trocken: “Euro!” er müsse ja schließlich mindestens 2500 € reinstecken um den zu verkaufen. Das hat mich ja nun interessiert, was denn gemacht werden müsse? Die Stoßstange vorne – und die Bremsen, dann natürlich Tüv.
Okay, Bremsscheiben + Beläge kosten im Zubehör ca. 200 €, die Werkstatt hatte er nebenan, sagen wir also inkl. Montage 300 €, Tüv und AU 100 € = 400 €, d.h. eine Stoßstange (die es auch im Zubehör gibt) kostet inklusive Lack 2100 €?? Ich wusste gar nicht das mein Auto vergoldet ist. Werden die Stoßstangen jetzt auch auf den Oberschenkeln von Jungfrauen gerollt und anschließend von Elefanten über den Berg geschleppt? Also schnell mal bei daparto.de (einer Teilesuchmaschine im Internet, rechts in der Sidebar geht es zu unserem Partnerschaftsprogramm) nachgeschaut, so eine vollgrundierte Stoßstange kostet für das Cabrio Modell knapp 155 €, beim Lackierer angerufen, Stoßstange lackieren kostet = 180-200 € – so eine Stoßstange habe ich schon mal auf einem Opel Treffen montiert und wieder demontiert (Insider werden nun schmunzeln). Sagen wir großzügig 100 € Lohn für die Montage und die Clipse (die bei der Stoßstange immer kaputt gehen). = Gesamtkosten von ca. 850 €. Ein kleiner aber feiner Unterschied zu den 2500 € “Aufwand” von dem Autohändler mit der Gartenlaube #01 , oder?
In der Holzbude zeigte er mir auf seinem Monitor übrigens die mobile.de Seite, dort hatte er mal nach ein paar gleichen Cabrio Modellen gesucht, natürlich inkl. Händler und Export, die ersten drei Fahrzeuge gab es dort für 3900 € – sein Kommentar: “Schau mal wie die gehandelt werden!” – tja, was soll man da noch sagen ausser dem Mann einen schönen guten Tag zu wünschen? Sicher gibt es solche Fahrzeuge schon für 3900 € mit mehr Kilometer auf der Uhr, mit einem Unfallschaden und mit einer (noch) schlechteren Ausstattung.
Klar, leben und leben lassen, doch nicht so. Nachdem ich ihm sagte, dass ich den Wagen nicht verkaufen müsste, er also genauso gut in meiner Garage stehen könnte, sagte er 2500 € – ein Unterschied von 500 € für gerade mal einen Satz – “Ich muss den nicht verkaufen!” symbolsiert dem Verkäufer nämlich, dass er nicht in der Position ist den Preis zu drücken, da es kein Notverkauf ist, dass er natürlich weniger zahlen möchte ist auch klar, ein realistischer Einkaufspreis hätte hier allerdings bei 3500-4000 € gelegen und wer weiß, event. hätte ich bei 4000 € ja sogar zugesagt. Denn wenn er genau geschaut hätte, hätte er auch gesehen, dass ein Scheinwerferhalter gerissen ist.
Mir hat das heute soviel Freude bereitet, dass ich gleich morgen mal zum nächsten Autohändler mit Gartenlaube fahren werde nur um darüber zu berichten.