Ein Montagmorgen unweit der Côte d’Azur. Es ist kurz vor acht, als die Sonne langsam über die Berge steigt und ihr grelles Licht auf den Testwagen wirft. Vom angekündigten Regen ist weit und breit nichts zu entdecken. Nach und nach kommen mehr Wagen aus der Tiefgarage des Hotels und werden rund um den Brunnen auf dem Vorplatz aufgereiht. Wie es der Zufall will, bekommt das “deutsche Team”, das sich erst am Vorabend kennengelernt hat, den ersten Wagen in der Reihe: einen Ford Focus Turnier 1.0 Ecoboost – wunschgemäß in “candy red”.
Der Wagen läuft schon, als wir darin Platz nehmen. Einer der Organisatoren erklärt uns das Navi, ermahnt wiederholt, dass es sich nicht um eine Rennen handelt und wünscht uns eine gute Fahrt. Die geht Teamkollege Sven auch direkt mal sportlich, aber stets im Rahmen des Erlaubten an, schließlich wollen wir wissen, was der Wagen der kann, haben aber keine Lust, für eventuelle Tickets aufzukommen, die Ford nach eigener Aussage nicht übernehmen wird – komisch, oder? ;-)
Wir kommen nicht wirklich weit, denn in Frankreich steht doch der ein oder andere interessante Oldtimer am Wegesrand, der hier in Deutschland so gut wie gar nicht vorhanden ist. Nach ein paar Fotos unweit des Hotels geht es weiter und Sven lotst den Wagen durch die unbekannte Gegend, immer der freundlichen Stimme aus dem Navi lauschend. Der Versuch, auf dem Bildschirm etwas zu erkennen wird durch dessen verhältnismäßige Winzigkeit leider etwas erschwert. Kurze Zeit später halten wir erneut. Das morgendliche Bergpanorama mit der landestypischen Architektur bettelt geradezu danach fotografiert zu werden.
Somit parkt Sven den Focus am rechten Straßenrand und will den Schlüssel drehen. Doch dort, wo sich bei “normalen” Autos üblicherweise das Zündschloss befindet, ist nur eine Plastikabdeckung vorhanden. Am Armaturenbrett findet sich schnell der Start-Stop-Knopf und mit einem Druck sorgt Sven für das Verstummen des Wagens, was bei mir zeitgleich für Panik sorgt: “Wo ist der Schlüssel?” Schlechte Erfahrungen mit den Keyless-go-Systemen anderer Hersteller haben mich bereits in der Vergangenheit für dieses Thema sensibilisiert. Ist der Schlüssel noch in der Tasche des Organisators, haben wir ein Problem.
Ein erneuter Druck auf den Knopf lässt lautstark den Motor starten, der kurz darauf fast lautlos mit Leerlaufdrehzahl seinen Dienst verrichtet. Nach wiederholtem Knopfdruck verstummt der Dreizylinder und wir begeben uns auf die Suche nach dem Schlüssel. Getränkehalter und weitere Ablagen werden ebenso wie der Fußraum und sämtliche Ritzen zwischen Sitzen und anderen Bauteilen gecheckt – allerdings ohne Erfolg. Dann fällt mir ein, am Morgen einen Wagen gesehen zu haben, bei dem der Schlüssel auf der Windschutzscheibe nahe der A-Säule abgelegt war. Diese Idee für fast unmöglich haltend steige ich aus dem Wagen, umrunde diese und entdecke den Schlüssel genau dort. Wahsinniges Glück! Anders lässt es sich nicht beschreiben. Nach den Schrecksekunden machen wir die Landschaftsfotos und vollziehen einen Fahrerwechsel. Ich nehme Platz, lege den Schlüssel ins Wageninnere, starte den 1-Liter-Motor und fahre los.
Der Wagen hängt gut am Gas, geht in die ersten Gängen richtig gut vorwärts. Der nur langsame Abfall der Drehzahl nach dem Tritt der Kupplung lässt mich beim Einkuppeln wie einen Fahranfänger aussehen, der Wagen ruckelt ganz gut. Nach ein paar Schaltvorgängen hat man sich mehr oder minder daran gewöhnt, lässt den Schaltvorgang ruhiger angehen. Und geschaltet wird auf den bergigen Landstraßen Frankreichs recht oft. Der sechste Gang kommt dabei allerdings kaum zum Einsatz und somit lässt sich zumindest mit unserem flotten Fahrstil der angegebene Verbrauch von unter 6 Litern nicht erreichen, im Schnitt stehen 7,8 Liter auf der Anzeige, wenn es gut läuft nähern wir uns der 7-Liter-Marke.
Nach der Mittagspause (wir hatten dieses Ziel natürlich zuerst erreicht, obwohl wir wie die anderen Teilnehmern auch diverse Male zum Fahrerwechsel und Fotografieren hielten und dabei überholt wurden) geht es es anfänglich auf Landstraßen weiter, dann wechseln wir auf die Autobahn, um abends zeitig in Lausanne in der Schweiz einzutreffen. Aufgrund des Tempolimits bekommt auf der Autobahn auch der höchste Gang des 6-Gang-Getriebes etwas zu tun und sorgt in Verbindung mit dem aktivierten Tempomat für eine Verbrauchssenkung.
Abseits vom fahrerischen und der zu testenden Motorisierung fällt in diesem Ford Focus das wuchtige Bedienteil des Audio-Navigations-System ins Auge. SONY steht dort in großen Buchstaben und lässt uns grübeln, ob sich diese oder gar Ford für das Design verantwortlich zeichnen (Ford, wie wir später in Genf erfuhren). Uns sind die Knöpfe fast schon zu filigran, selbst der zentral platzierte Knopf für die Warnblinkanlage wirkt irgendwie klein. Eher groß ist dagegen der hinter dem Rückspiegel befindliche Kasten an der Frontscheibe. Hierin befindet sich die Kamera für die Verkehrszeichenerkennung – ein wirklich nützliches System, denn auch wenn man sagt, dass man den Verkehr selber beobachten kann, geht einem doch manches Schild durch und man fragt sich “Wie schnell darf ich hier jetzt fahren?”. Der Ford beantwortet einem diese Frage nun. Der Kasten stört übrigens nur den Beifahrer beim Fotografieren, als Fahrer hat er mich nicht gestört.
Fazit: Die rund 550 km im Ford Focus 1.0 Ecoboost haben tatsächlich Spaß gemacht. Der unaufdringliche Turbolader lässt den Fahrer vergessen, dass unter der Haube nur ein kleiner Dreizylindermotor mit einem Hubraum von gerade einmal einem Liter werkelt. Hätte ich es nicht gewusst, wäre ich von einem 1,6 Liter, vielleicht sogar von einem noch größeren Motor ausgegangen. Es tat mir fast schon Leid, dass wir den Wagen abends abgeben mussten und am nächsten Tag mit dem Zug zum Auto-Salon nach Genf fuhren. Was ich dort erlebt habe, schreibe ich im nächsten Beitrag.