Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich. Klar, ich rede hier von den Motor-Journalisten Gastbeiträgen auf Rad-ab.com. Heute schreibt für euch die reizende Theresa Juranek, die ich dank Mercedes-Benz beim Matthias Schweighöfer Filmdreh kennen lernen durfte. Sie wollte auch gerne mal einen Blogbeitrag schreiben, zack da ist er:
„Ich würde dich gerne beim 24-h-Offroad-Rennen als Fahrerin mit im Auto haben“ schreibt mir Michael Podlogar, selbst Motorjournalist und Chef des privaten Rennstalls Werk1 Racing, Ende Juni via Facebook. Meine erste Reaktion: „Meinst du das ernst?“ Zwar ist mir das Fahren abseits asphaltierter Straßen nicht fremd, da man als Motorjournalist des Öfteren in das Vergnügen kommt, geländegängige Fahrzeuge auf unbefestigtem Terrain zu bewegen, allerdings geschieht dies meist bei äußert gemütlichem Tempo und mit einem Instructor auf dem Beifahrersitz, der einen auf die neusten technischen Schmankerln – Bergabfahrhilfe und Co – hinweist. Die Krönung meiner bisherigen Offroad-Erfahrung war dann die Land Rover Experience Tour im vergangenen Jahr. Eine Woche querfeldein durch Bolivien, ganze ohne elektronische Hilfsmittel, aber auch ohne großen Zeitdruck. Das sieht beim 24-Stunden-Rennen der GORM (German Off Road Masters) natürlich anders aus. 24 Stunden hat man Zeit, die 17 Kilometer lange Strecke so oft wie möglich abzufahren. Wer am Ende die meisten Runden gedreht hat, gewinnt das Rennen. Ich sage zu, weil es nach jeder Menge Spaß und neuen Erfahrungen klingt, auch wenn ich mir nicht sicher bin, was die anderen Fahrer von einem kompletten Greenhorn in ihrem Team halten werden.
Der entscheidende Tag beginnt morgens um 8:00 Uhr mit einem Treffen des Teams in der Hotellobby. Der Wecker klingelt also ganze zwölf Stunden vor Rennbeginn und mir wird klar, dass die nächsten 40 Stunden weitestgehend schlaflos verlaufen werden.Im Fahrerlager angekommen schließe ich erste Bekanntschaft mit Jimbob und Jimboy, den beiden Suzuki Jimny, mit denen wir das Rennen bestreiten werden. Der leuchtend grüne Jimboy geht in der Klasse T2 (Geländewagen Serie) an den Start. Seriennah wäre der korrektere Ausdruck, denn laut Reglement dürfen Reifen, Felgen, Stoßdämpfer, Federn und noch einiges mehr von der Serie abweichen. Außerdem ist jede Sicherheitsausstattung (Käfig, Gurte, Sitze, Feuerlöschanlage…) zulässig.
Darf ich vorstellen? Jimbob:
Jimbob, startet in Klasse T1(Geländewagen verbessert), gemeinsam mit anderen Fahrzeugen, die stärker als in T2 erlaubt verändert wurden. Einzige weibliche Fahrerin im Jimbob ist Rallye-Legende Jutta Kleinschmidt, einzige weibliche Fahrerin im Jimboy bin ich. Viel größer könnte der Kontrast nicht sein. Ihr könnt mir glauben, diese Feststellung trägt nicht gerade zu meiner Entspannung bei. Gegen Mittag wird es dann ernst. Erst Fahrerbesprechung und Einführungsrunde auf der Strecke, danach zwei Stunden freies Training, hinterher eine Stunde Zeittraining, dessen Ergebnis die Startreihenfolge festlegt. Im freien Training komme ich zunächst als Copilot zum Einsatz, um den Profis bei der Arbeit zuzusehen, danach werden die Plätze getauscht. Vom 4-Punkt-Gurt in den Sitz gefesselt, drehe ich meine erste Runde auf der Kurs. Das wohl größte Kompliment des Wochenendes bekomme ich auf halber Strecke von meinem geländeerfahrenen Beifahrer: „Dich nehmen wir nicht als Copilot, dich setzen wir als Fahrerin ein!“. Bei vier Fahrern pro Auto bedeutet dies drei zweistündige Einsätze, mein erster Stint ist von 23 bis 01 Uhr geplant.
Bei Rennbeginn um 19:00 Uhr sitze ich dann allerdings wieder als Copilot im Auto, dieses Mal bei Nico Fischer, der das Rennen sowohl in der Klassen- als auch der Gesamtwertung schon einmal gewonnen hat und meinem späteren Einsatz bestimmt mindestens so skeptisch entgegen sieht wie ich. Kurz nach dem Start sinkt die Sichtweite auf wenige Meter. Aufgrund der extremen Hitze und Trockenheit ist es unglaublich staubig und die Strecke im Sorea Park, einem ehemaligen Armeeübungsgelände bei Schwerin, verschwindet innerhalb weniger Minuten unter einer dichen Staubglocke. Direkt vor dem ersten Fahrerwechsel um 21 Uhr wird das Rennen dann unterbrochen, weil Schwerin und die umliegenden Dörfer im Staub versinken und ich bin richtig frustriert. Nach der ganzen Aufregung und Vorfreude wäre ein Rennabbruch zwei Stunden vor meinem geplanten Einsatz der SuperGAU. Lange Zeit ist tatsächlich nicht klar, ob die Rallye wieder gestartet werden kann, doch die aufkommende Feuchtigkeit der Nacht bindet den Staub zumindest etwas und um 23 Uhr kommt das Zeichen zum Restart.
Aufgrund der Unterbrechung verschiebt sich mein Stint nach hinten. Es ist 1 Uhr, als ich meinen Kopf in den Helm und meinen Körper in den Überrollkäfig des grünen Jimnys zwänge. Kurzeitig frage ich mich, warum genau ich ohne Renn- und Rallyeerfahrung dieser Veranstaltung eigentlich zugesagt habe und die letzten Worte, die mir meine Teamkollegen mit auf den Weg geben, machen die Sache nicht besser: „Wenn du für die vier Runden länger als 2:15 Stunden brauchst, schicken wir einen Suchtrupp los“. Und dann brettern wir in Dunkelheit, Nebel und Staub, durch Sandlöcher und über unendlich viele Bodenwellen die Piste entlang. In der ersten Runde bin ich gefühlt noch recht zaghaft unterwegs, danach aber packen mich Ehrgeiz und Adrenalinrausch. In deutlich höherem Tempo geht es in die nächsten Runden und das Ganze fängt an richtig Spaß zu machen, auch wenn es vor allem für den Kopf richtig anstrengend ist. Die Konzentration darf nicht eine Sekunde nachlassen, sonst übersieht man ein Schlagloch oder eine Kurve und ruiniert das Fahrzeug oder fliegt aus dem Kurs. Nach vier Runden sind wir zurück in der Box, durchgeschwitzt, erschöpft und mit Staub paniert, aber immerhin in weniger als 2:15 Stunden, was mir anerkennende Kommentare des Teams einbringt.
Aufgeben? Kommt nicht in Frage!
Als ich nach einer kurzen Erholungs- und Duschpause im Hotel wieder auf dem Gelände bin, steht Jimboy in der Box und streckt sein linkes Vorderrad von sich. Nach einem übersehenen Schlagloch ist die Achse verbogen und der Suzuki fahrunfähig. Doch Aufgeben ist beim 24-Stunden-Rennen keine Option, zumindest nicht für meinen Copilot und Mechaniker Markus Klesse. Mit seinem Arbeitseifer steckt er nach und nach auch den Rest des Teams an und so wird in mühevoller Kleinarbeit und mit improvisiertem Werkzeug (da die Sauerstoffflasche leckt, wird schließlich der Kompressor des LKW genutzt) die Achse erhitzt und gerade gezogen. Mit Erfolg. Zwar kann der Jimny nun nicht mehr mit Fullspeed über die Piste gepeitscht werden, aber zumindest ist er nach sechs Stunden zurück im Rennen. Und noch etwas hat sich über Nacht geändert. Ein kräftiger Wind weht und zerbläst die Staubglocke, sodass das die Rallye, von vielen unerwartet, nun doch bis zum Ende durchgezogen werden kann. Ich bin glücklich. Um 19 Uhr fahren dann unter dem Jubel der Zuschauer und Teammitglieder die beiden Suzukis zeitgleich durch den Zielbogen und mit ihnen 33 der 48 gestarteten Fahrzeuge. Die Platzierung ist durch die lange Unterbrechung vernachlässigbar – ich glaube Rang 26 – aber Team und Autos haben den Extrembelastungen getrotzt und hielten bis zum Ende durch.
Ich wollte noch Danke sagen!
Danken möchte ich vor allem Michael Podlogar für die Einladung und sein Vertrauen in mein fahrerisches Können, meinem Copilot Markus Klesse, der nicht nur völlig tiefenentspannt neben mir saß und mir so ein sicheres Gefühl vermittelte, sondern auch den Suzuki trotz Achsschaden nicht aufgab und zurück auf die Strecke brachte, dem gesamten Werk 1 Racing Team für ein großartiges Wochenende und natürlich Jens Stratmann für das Zurverfügungstellen seines Blogs.
Quatsch, ich habe zu Danken Theresa, viel Dank für diese Eindrücke in eine – mir unbekannte – Offroad Welt ich hatte teilweise beim lesen das Gefühl dabei gewesen zu sein.