So richtig neu ist er ja nicht mehr, aber gelangweilt haben wir uns auch noch nie, wenn wir seiner angesichtig wurden. Der R8, gezeichnet vom Audi-Designer Frank Lamberty, sieht eigentlich noch so frisch aus wie bei seinem Debüt. Jetzt hat man das Design fast unmerklich modifiziert – und ein paar technische Gadgets untergebracht. Bemerkenswert sind unter anderem die serienmäßigen Voll-LED-Scheinwerfer, die “wischenden” Blinker am Heck und das neue Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Es heißt intern DL800 und ersetzt das ruppige, bisher eingesetzte automatisierte Schaltgetriebe (SL600). Die beste Nachricht jedoch ist, dass es weiterhin einen klassischen Handschalter gibt (ML600).

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Im Angebot stehen jetzt drei Motorisierungen: Der 430 PS starke V8 als Einstiegsmotor, darüber liegt der 525 PS starke 5,2-Liter-V10. Und jetzt gibt es auch noch einen R8 plus, dessen Steuergerät weitere 25 PS aus dem V10 herausholt. Damit befindet sich der Neckarsulmer Mittelmotor-Bolide weit vorne im Konzert der Supersportwagen. Die Spitzenmotorisierung gibt es übrigens nur als Coupé, was den puristischen Ansatz belegt. Denn die Spyder-Variante wiegt rund 100 Kilogramm mehr.

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Was ist das für ein Typ? Noch immer ein sehr spezielles Auto. Fahrdynamisch stellt ein Mittelmotor-Sportwagen das Optimum dar; stilistisch sorgt das Konzept für Supercar-Proportionen. Seit dem Lamborghini Miura ist klar: Wer es ernst meint mit dem Schnellfahren, setzt auf den Mittelmotor. Der R8 setzt das in deutscher Perfektion um.

Wie fährt er sich? Ausgesprochen beeindruckend, wenngleich sich die Masse und die Dimensionen des R8 im Vergleich zu Konkurrenten wie dem McLaren 12C und dem Lamborghini Gallardo bemerkbar machen. Die drei angebotenen Varianten haben ihren spezifischen Reiz. Der V8 ist fein, delikat, seidig – und schafft trotzdem die 300-km/h-Marke. Der V10 ist rotzig und brutal – und wird geradezu übersteigert in der R8-plus-Variante.

Kann ich mich darin sehen lassen? Wie sein Schwestermodell, der kantig-extravagante Lamborghini Gallardo, provoziert der R8. Ein Bekenntnis zu Design und Technik. Wer einen Mittelmotor-Sportwagen fährt, weiß, was er tut. Kritikern kann man kann immer noch frech entgegnen: Ist doch nur ein Audi.

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Ist er praktisch und familientauglich? Im Gegensatz zum Käfer-Derivat 911 gibt es hier zwar keine Rücksitze, aber die Platzverhältnisse sind großzügig. Im Vorderwagen und hinter den Sitzen ist viel Platz für Gepäck; Fahrer und Beifahrer können es sich bequem machen. Das ist viel; wer mehr Raum will, muss eben auf das fahrdynamisch überlegene Mittelmotor-Konzept verzichten.

Höhepunkt? Es ist weiterhin ein erhebendes Gefühl, die 300-km/h-Marke zu durchschreiten – und zwar nicht auf der Rennstrecke, sondern auf schneller Fahrt von A nach B: Die Essenz der Auto-Mobilität. Das geht vielleicht mit keinem Auto schöner und kontrollierter als mit dem R8.

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Tiefpunkt? Die Schaltkulisse, sofern man das Doppelkupplungsgetriebe bestellt. Aus dem Rennsport war die Angelegenheit klar: Zum Hochschalten ziehen, zum Herunterschalten stoßen – den Reaktionen des Körper auf die Fliehkräfte bei der Beschleunigung und Verzögerung entsprechend. Die meisten machen es falsch – Audi inklusive, auch beim R8. Orientiert man sich hier an Rennwagen – oder an den vermuteten Präferenzen des Massenmarktes?

Kann ich ihn mir leisten? Die V8-Version kostet 113.500 Euro, der V10 schon über 40.000 Euro mehr, für den deutlich aufgewerteten R8 plus werden weitere 20.000 Euro fällig. Der Aufschlag für den Spyder – nicht als R8 plus lieferbar – beträgt gut 10.000 Euro. Der R8 ist teuer, aber wertstabil.

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© Fotos: Audi / Text: Jens Meiners – weitere Beiträge von Jens Meiners finden Sie hier: klick