Gott schütze uns vor Sturm und Wind und vor Autos, die aus England sind. Es wird Zeit ein paar Sprichwörte zu wiederlegen. Ja, Jaguar ist eine britische Automobilmarke. Lustiges Detail: Ab 1989 gehörte Jaguar zur Ford Motor Company. Ford stieß Land Rover und Jaguar im Jahre 2008 an Tata Motors ab und viele sahen schon den Untergang der Marken – doch erstens kam es anders und zweitens als man denkt. Wie Phoenix aus der Asche erholten sich die Fahrzeuge und heute sind nur noch einige Bauteile aus der Ford-Ära vorhanden (Hebel z.B.).

Viel zu lange ist es her, dass Jaguar einen Sportwagen auf die Räder gestellt hat doch nun ist es ja soweit und vor dem muss mich keiner beschützen! Der F-Type fährt in großen Fahrspuren, muss er sich doch den Vergleich zum E-Type gefallen lassen. Der E-Type inzwischen eine Ikone – der F-Type auf dem Weg dahin? Den Jaguar F-Type gibt es mit drei verschiedenen Motorisierungen. Einen 3.0 Liter V6-Benziner mit 340 oder 380 PS und den V8 der aus dem XKR bekannt sein dürfte. 5.0 Liter Hub(t)raum und 495 PS. Viel Leistung für viel Gewicht? Mitnichten, der Jaguar F-Type wiegt gerade mal 150 kg mehr als ein Porsche 911 Cabriolet und wir wissen, dass Porsche dort eine Benchmark gesetzt hat. Mit Leergewichten zwischen 1.600 und 1665 Kilogramm ist der F-Type leicht genug um mit der Leistung auf dem Blatt Papier sportlich zu sein.

Die Fahrleistungen sind beeindruckend, der Klang dabei eine Trommelfell-Massage! Der kleinste F-Type sprintet in 5,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Die S-Version schafft die Grenze in 4,9 Sekunden und der brüllende V8 macht die Standard-Sprint in 4,3 Sekunden klar. V/max? Irgendwas zwischen 260 und 300 km/h – doch interessiert das wirklich? Den F-Type möchte man doch über die Landstraße knüppeln. Geknüppelt wird übrigens nicht, die Gangauswahl übernimmt das ZF 8-Gang Automatikgetriebe, wer unbedingt selbst Hand anlegen möchte darf das über die beiden Schaltwippen tun.

Zusammen mit Jan Gleitsmann (der hier schon seinen Fahrbericht über den Jaguar F-Type veröffentlich hat) fuhr ich den kleinsten, 340 PS und 450 Nm unter einer schneeweißen Karosserie die wirklich sehr formschön ist. Die nach vorne öffnende Motorhaube sieht natürlich sehr schön aus, dürfte allerdings in den Werkstätten der Nation für Unbehagen sorgen. Doch wer denkt schon an die Monteure, wir wollen doch fahren…

Best life is Cabrio drive! Innerhalb von 12 Sekunden ist das mehrschichtige Dach hinter den Sitzen verstaut, das funktioniert auch prächtig während der Fahrt bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Gentlemen start your engines. Ein Druck auf den Startknopf und der V6 quittiert den Wunsch durch ein aufregendes blubbern. Optional gibt es eine Klappensteuerung für die Auspuffanlage und somit eine Soundtaste im Innenraum. Damit könnte man es sich überlegen ob man die Nachbarschaft nun wecken möchte, oder lieber noch eine Runde schlafen lässt.

Wurde der Motor einmal geweckt zeigt der Hecktriebler gerne was in ihm steckt. Nicht nur dank der wahrlich optimalen Gewichtsverteilung von 50/50 hat man hier Fahrspaß pur. Die Lenkung ist direkt, das Fahrwerk gut abgestimmt und das Fahrzeug bleibt solange “neutral” bis der Fahrer es übertreibt. Man merkt, dass Jaguar ein Testcenter in der Nähe vom Nürburgring hat und die Fahrzeuge garantiert häufiger dort abgestimmt hat, andere Hecktriebler sind mit dem Heck da etwas unruhiger unterwegs. Laut NEFZ-Wert liegt der Verbrauch übrigens zwischen 9 und 11,1 Litern, wer mit einem schweren Gasfuß geboren wurde wird von solchen Werten nur träumen, bzw. möchte die gar nicht erreichen. Ich möchte das Fahrzeug gar nicht mit anderen Sportwagen vergleichen, denn irgendwie ist der F-Type etwas anderes, etwas besonderes und etwas eigentständiges. Preislich gesehen spielt er in der Liga gut mit und kann sich dort sicherlich auch positionieren.

Sind die Schallklappen der Auspuffanlage geöffnet, dann rappelt es aber im Karton.  Der Jaguar brüllt sich die Seele aus dem Leib und der sportlich ambitionierte Fahrer kann fast im Kreis grinsen. Natürlich ist das albern, eventuell ist es sogar peinlich doch wer sich ein Fahrzeug vor die Tür stellt, welches in der Basis-Version bereits 73.400 Euro kostet – der hat das Recht es so zu fahren wie er möchte. Egal ob laut oder leise, die Fahrt unterm Stoffdach ist ein Genuss welches durch das öffnen noch verstärkt wird.

Fotos:

Video:

Die 380 PS Version startet übrigens ab 84.900 Euro und den V8 bekommt man ab 99.900 Euro. Mit einem Wendekreis von 10,66 Metern schlägt der Jaguar F-Type sogar ganz normale Kleinwagen, mit der maximalen Zuladung von 428 kg kann er auch trumpfen, allerdings zieht er bei einem Kofferraumvolumen von 196 Litern den kürzeren. Der Tank fasst 72 Liter, ein Indiz dafür, dass man in England dem NEFZ-Verbrauch auch nicht traut? 4,47 Meter ist der F-Type lang, 1,92 Meter breit und 1,32 Meter flach. Der Radstand liegt bei 2,62 Metern und nun habe ich hier genug Zahlen in den Raum geworfen es folgen die Antworten auf die berühmt, berüchtigen und heute britischen Angetestet-Fragen:

Was ist das für ein Typ?

Das Fahrzeug welches aus jedem hässlichen Entlein einen schönen, stolzen Schwan macht. Motor vorne, Antrieb hinten, dazwischen Platz für Zwei und dazu noch ein Platz an der hoffentlich scheinenden Sonne. Cabrio fahren ist und bleibt die dekadenteste Art der Obdachlosigkeit in diesem Fall dazu noch eine formvollendete.

Kann ich mich darin sehen lassen?

Unbedingt, doch Vorsicht: Wer in einem F-Type sitzt wird angestarrt, angeklotzt, angeschaut – das Fahrzeug erzeugt Neid, eventuell auch teilweise Missgunst – doch auf jeden Fall erzeugt der F-Type Aufsehen und das auch schon mit dem “kleinsten” V6!

Ist er praktisch und familientauglich?

Ich darf gestehen, dass ein 2-Sitzer mit einem Kofferraumvolumen von unter 200 Litern nicht wirklich familientauglich ist, beim F-Type würde ich allerdings jedes Familienmitglied einzeln zur Schule, zum Kindergarten und zur Arbeit bringen und dafür dann gerne auch eine Stunde früher aufstehen. Aber um ganz ehrlich zu sein, Familien sollten sich ein anderes “Erstfahrzeug” gönnen und den F-Type nur für schöne Stunden zu Zweit nutzen.

Höhepunkt?

Ich sag es ungern, aber das ganze Fahrzeug ist ein Höhepunkt! Angefangen von der Form, dann der Antrieb, das Fahrwerk, die Automatik, da verzeiht man dem F-Type gut und gerne auch ein paar Schwachstellen. Ein ganz, ganz kleines Highlight ist zum Beispiel auch der Knopf um das Handschuhfach zu öffnen, oder aber auch der Fahrdynamikschalter der aus der kuscheligen Katze mit Asphalt-Schmusecharakter, ein Raubtier macht…

Tiefpunkt?

Die Tatsache, dass der F-Type nun nicht in meiner Garage steht? Okay, das Kofferraumvolumen ist dann wohl der Tiefpunkt. Es passt zwar ein Kabinentrolley hinein, doch das war es dann auch schon fast. Genug gemeckert? Ich könnte noch darauf hinweisen, dass ich es befremdlich finde, dass einige Schalter wohl eher für Rechts-Lenker ausgelegt sind, doch das ist bei anderen Fahrzeugen von Jaguar / Land Rover / Range Rover nicht anders. Besitzer von einem F-Type haben keine Schönwetter-Garantie, so mussten wir auch bei der Probefahrt das Dach schließen, dann ist die Rundumsicht wirklich extrem eingeschränkt – doch interessiert das wirklich bei einem Roadster? Ich glaube nicht!

Kann ich ihn mir leisten?

Nein, natürlich nicht! Aber ich würde gerne! Ich habe auch mal ausgerechnet, wenn ich nun täglich 5 Euro sparen würde, hätte ich in ungefähr 46 Jahren das Geld zusammen, ob ich dann immer noch in den F-Type passe? Vermutlich nicht, aber dann dürfte er auch schon günstiger zu haben sein. Ob er zu einem Klassiker wird, so wie es der E-Type geworden ist, wird die Zukunft zeigen.