Ich hatte ja bereits verkündet, dass ich mit der Optik des BMW i3 so meine “Probleme” habe. Liebe auf den ersten Blick war es also nicht und auch jetzt, wo ich selber schon ein paar mal vor und neben dem BMW i3 stand sagt mir diese Knickkante in der hinteren Tür nicht zu. Die fand ich beim Opel Meriva schon hässlich, beim BMW i3 wird sie nicht schöner, auch nicht wenn die Tür nun gegenläufig öffnet und man dadurch keine B-Säule mehr hat. Zusammen mit Jan war ich in Amsterdam, mit der Option eine Frikandel zu essen hat er mich quasi gelockt. Er mag den BMW i3 ja – guter Geschmack ist halt selten ;).

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Nun, wie gewohnt – wenn wir beide gemeinsam unterwegs sind – gibt es nun auch ein Ausfahrt.TV Video zum BMW i3 – lustigerweise sind wir dieses mal so ganz und gar nicht einer Meinung, aber das ist okay, schaut es euch am besten einfach selbst an:

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Kommen wir nun zu den Fakten vom BMW i3: BMW gibt eine Spitzenleistung von 170 PS und das Drehmoment mit 250 Nm an. Diese Kraft reicht allerdings um den 1195-1315 kg schweren BMW i3 innerhalb von 7,2 bzw. 7,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h zu beschleunigen. Bei Tempo 150 km/h endet der Vortrieb. Die zeitlichen Differenzen sind durch den optional erhältlichen Range-Extender (auch cool und lässig REX genannt) begründet. Dieser bringt ca. 120 kg auf die Waage und jeder, der schon mal eine Waschmaschine getragen hat weiß, dass man damit nicht mehr so schnell rennen kann. Komissar REX, sry – der Range Extender ist, wie der Name es schon sagt, der Reichweitenverlängerer.

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Dank einem 0,647 Liter Motor (34 PS und 55 Nm Leistung) wird Strom erzeugt. Strom um un den BMW i3 bei Laune zu halten. Das geht so lange bis der – haltet euch fest – 9 Liter Tank – leer ist. Tja. ähm, öhm… man musste halt Gewicht sparen, so ein großer Tank passt da nicht mehr in die Bilanz. Außerdem soll Komissar REX ja nur im Notfall eingreifen und nicht tagtäglich benutzt werden, denn dann stimmen doch auch gar nicht mehr die ganzen schönen Werte. Den Preis treibt Komissar REX in die Höhe. 5000 Euro möchte BMW für den Generator haben, der mit etwas mehr Leistung (60 PS) übrigens auch den Motorroller BMW C 650 GT antreibt. Leider war kein BMW i3 mit Range Extender vor Ort, somit kann ich den leider nicht beurteilen.

Nun, auch ohne den REX soll man bis zu 170 km weit kommen, realistisch sind dann also 120-160 km. Der Wert geht vollkommen in Ordnung, die anvisierte Zielgruppe fährt sowieso nicht so viel pro Tag. Wir haben am ersten Tag ca. 100 km geschafft, am zweiten Tag wäre auch etwas mehr drin gewesen. Ist der Akku schlapp, dann kann man innerhalb von 30 Minuten an einem DC-Schnelllader “auftanken”. Wer sich für knapp 1000 Euro eine Wall-Box in die Garage bauen lässt, hat nach 3-6 Stunden wieder ein Einsatzfähiges Fahrzeug und wer auf den herkömmlichen Haus-Anschluss mit 220V zurückgreift muss über Nacht laden – sprich 6-8 Stunden. Soweit nichts ungewöhnliches, man kennt das von anderen Elektrofahrzeugen.

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Der 3,99 Meter lange BMW i3 verfügt über einen Radstand von 2,57 Metern, dadurch bietet er im Innenraum ausgesprochen viel Platz. Durch die Höhe von 1,58 Metern und die Breite von 1,75 ist er zwar kein Raumwunder, eingeengt fühlt man sich aber auch nicht. Durch den Wendekreis von unter 10 Metern, macht er sich in seinem Revier beliebt – die Stadt! In den Radkästen drehen sich schmale, aber große Reifen. 19″ Felgen – wow! Der Umwelt und dem Verbrauch zuliebe aber mit 155/70er Reifen! Sitzt REX mit an Bord, dann sind es auf der Hinterachse sogar 175/60er (sonst hätte vermutlich die Traglast nicht mehr gepasst).

Last! Gutes Thema! Der heckangetriebene BMW i3 kann ca. 400 kg zuladen, der Kofferraum hat ein Volumen zwischen 225/260-1000/1100 Liter (je nach dem wie man misst). Oben hatte ich ja schon geschrieben, dass der BMW i3 mit 1,2-1,3 Tonnen relativ leicht ist. Die Batterie (8 Module á 12 Zellen = 360 Volt / 22 kWh / Hersteller Samsung) wiegt alleine 230 kg. Die Karosserie besteht zu einem großen Teil aus Kunststoff, darunter ist – wer mag es glauben – Carbon! Der feinste Stoff aus dem Rennsportträume sind – machen den BMW i3 so leicht und gleichzeitig so stabil. Wartet mal: Ich zahle also mindestens 34.950 Euro um ein “umweltschonendes” Fahrzeug zu haben und dann ist da Carbon verbaut? Ist das nicht Irrsinn? Nicht unbedingt. Hochleistungsverbundkunststoffe werden in der Regel dort eingesetzt, wo herkömmliche Werkstoffe die Anforderungen nicht mehr erfüllen können. Das Ziel von BMW war klar: Die Konstruktion musste leicht sein, haltbar, verwindungssteif und sie muss sich dem Produktdesign unterwerfen können. Durch die erzielte Gewichtseinsparung schont man Ressourcen und natürlich auch die Umwelt. Die Beanspruchbarkeit von Carbon wird vermutlich keiner mehr anzweifeln… Doch wie sieht es mit der Umweltverträglichkeit aus?

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Wie mit der Entsorgung? Nun, erst mal die Vorteile: Durch die Verwendung von Carbon und Kunststoff sind ganz andere Design-Linien möglich. Schade das die Designer, in diesem Fall, die Möglichkeiten, meiner Meinung nach, nicht ausgereizt haben. Übrigens, habt ihr gewusst, dass bei Kohlefaserprodukten weit weniger gesundheitsschädliche Emissionen und Abfallprodukte als bei der Herstellung von Aluminium? Aluminium ist einfach nur um ein vielfaches günstiger, der bessere Werkstoff ist und bleibt das Kohlefaserprodukt – bis zum Unfall! Dann wird es teuer, denn Carbon kann man nicht mal eben so ausbessern, da muss immer ein Teilersatz ran und ich unterstelle BMW nun einfach mal, dass es “Teilformen” noch nicht gibt. In Deutschland soll es wohl zunächst drei Carbon-Center geben, die für größere Reparaturen geeignet sein sollen. Gehen wir mal nicht vom Unfall aus, dann bleibt Carbon der Stoff aus dem automobile Träume sind. Carbon kann man übrigens auch recyceln – der Vorgang ist zwar schwierig – aber es geht. Leider aber auch das teurere und somit nur Fahrzeugen der Luxus-Klasse vorbehalten.

Macht der Einsatz von Carbon denn nun den BMW i3 gleichzeitig auch zu einem Luxus-Kompakt-Wagen? Nein! Damit hat BMW nur das Gewicht reduziert. Im Innenraum gibt es weitere Wertstoffe die verwendet werden und der Name ist hier bewusst gewählt. Es sind in der Tat viele nachwachsende Wertstoffe verbaut, BMW möchte scheinbar nicht nur durch den Einsatz des BMW i3 Resourcen schonen, sondern schon beim Bau. Ganzheitlich! Eigentlich clever! Teuer dürfte derzeitig noch der Import sein! Import? Nun, Carbon wächst nicht auf den Bäumen! Hergestellt werden die Carbon-Fasern in Washington, besser gesagt in Moses Lake – in den USA. Der Grund? Die Energiekosten sind dort niedrig. Es muss sich rechnen, sonst hätte man bei BMW sich nicht dafür entschieden. Von den USA gehen die Fasern dann nach Wackersdorf. Ja, dem beschaulichen Ort in der Oberpfalz. Dort im Innovationspark werden die Carbon-Gelege hergestellt und anschließend zur Weiterverarbeitung bereit gestellt. In Leipzig wird dann das Material mit dem Harz angereichert und in Form gebracht. Doch reden wir auch noch kurz über die anderen Wertstoffe. Im Innenraum hat man einen Materialmix, auch hier hatte ich das Gefühl, dass BMW unbedingt zeigen musste, dass dieses Fahrzeug “anders ist”.

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50% weniger Energieaufwand, 70% weniger Abwasser… ja, ich rede über die Produktion! Die Effizienz fängt also nicht erst beim Fahrer an sondern bereits bei der Herstellung, im Werk und vermutlich noch viel früher – in den Köpfen den Controller. Die Carbon-Karosserie (wird natürlich nicht von Robotern geschweißt, sondern verklebt) wird dann bei der “Hochzeit” auf das Aluminium-Fahrwerk mit dem Antrieb gesetzt. Gefertigt wird der BMW i3 übrigens in Leipzig, dort wird der Material-Mix also zusammengestellt und fahrbereit gemacht.

Was bleibt? Der BMW i3 ist ein kompakter City-Flitzer mit Platz für 4 Personen, darüber hinaus mit einer gut funktionierenden Technik, einigen pfiffigen Lösungen aber leider auch mit einem immer noch zu hohem Preis. Das wird auch wohl in den kommenden Jahren das Thema sein, was die Elektromobilität (zumindest in Deutschland) ausbremsen wird. Solange ich die Mehrkosten nicht nur mein eigenes Fahrverhalten wieder einsparen kann, denke ich nicht darüber nach, mir ein Elektrofahrzeug zu kaufen. Klingt egoistisch, aber Hand aufs Herz – denkt ihr da etwa anders? Den BMW i3 sehe ich in Car-Sharing Unternehmen, in Städten und Gemeinden, bei Zahnlaboren und Pizzadiensten, ja eventuell sogar als Kurierdienst. Als typischen Wagen für die kleine Familie sehe ich den nicht. Interessant finde ich aber, dass durch die Preisverkündung von BMW auch der Opel Ampera im Preis gefallen ist – auf einmal geht doch was?

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Was hat mir gefallen? Gefallen hat mir das freistehende Display, die Connectivitäts-Möglichkeiten (auch wenn wir diese in Amsterdam nur begrenzt testen konnten) und ja – ich muss es nun gestehen – er fährt sich auch nicht schlecht. Der BMW i3 fährt sich sogar gut und ist nun vermutlich auch der kleinste BMW der demnächst noch mit einem Heckantrieb um die Ecke kommt. Optisch baut er ja recht hoch auf, durch die Batterie verfügt der BMW i3 dennoch über einen niedrigen Schwerpunkt. Das heißt: Ich sitze eigentlich erhaben, schon fast wie in einem kompakten SUV, kann aber trotzdem sportlich durch die Kurven flitzen. Auf die Frage ob man mit einem BMW i3 driften kann kann ich nur sagen: Er könnte! Wenn die Elektronik ihn nicht frühzeitig daran hindern würde.

Über 7 Jahre Entwicklung stecken in dem Fahrzeug – viele Dinge werden wir vermutlich auch bald in den anderen Fahrzeugen wiederfinden – von mir aus gerne – nur den Knick in der hinteren Tür, den dürft ihr euch in der Zukunft sparen! Rein optisch gesehen – also von außen – mag ich den BMW i3 immer noch nicht. Gut, er ist nicht so hässlich, dass ich bei geöffneten Fenster versucht wäre mein Altglas in dem Container zu entsorgen, aber so in die Richtung geht es schon. Apropro Fenster! In den hinteren Türen lassen sich die Fenster nicht öffnen, wer hinten aussteigen möchte muss sich entweder verbiegen oder benötigt einen menschlichen Türöffner. Gegen eine Familientauglichkeit (und das obwohl Kindersitze montiert werden können) spricht auch die mangelnde Innenraumbeleuchtung im Heck.

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Die Designer scheinen unbedingt zeigen wollen: “Hallo! Hier! Schaut mich an! Ich bin anders! Ich bin ein Elektro-Fahrzeug!“. Auf der anderen Seite, eventuell ist der BMW i3 seiner Zeit auch einfach nur ein paar Jahre voraus. Erinnert er doch entfernt an den Audi A2. Damals ein Flop, heute auf dem Gebrauchtwagenmarkt Top! Ich sehe das Fahrzeug eh in Flotten- und nicht in Privathand – und bei der Flotte kam es ja noch nie aufs gute Aussehen an, oder?

Von der Qualität und vom Fahrverhalten gibt es nichts zu meckern und der Rest? Der ist doch sowieso nur Geschmacksache bzw. eine Frage des Geldes. Gelungen finde ich – und nun muss ich wirklich aufpassen, dass ich meine eigentlich ja negative Grundhaltung nicht verliere – das Cockpit! Leicht, locker, aufgeräumt. So fahre ich gerne in die Zukunft, wenn es sein muss auch rein elektrisch. Auf Komissar REX würde ich trotzdem nicht verzichten wollen, denn zwei mal im Monat (und so sind wir Deutsche) fahre ich ja über 120 km am Stück ;). Ist euch das eigentlich bewusst, dass wir uns Fahrzeuge vor die Tür bzw. in die Garage stellen die wir gar nicht benötigen? Wir kaufen oft für Fälle die mal auftreten können, aber nicht für den täglichen Bedarf. Aber das ist ein anderes Thema.

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Zuckerbrot und Peitsche! Loben möchte ich, dass die Designer an Getränkehalter gedacht haben. 5 Stück gibt es vorne zu entdecken, in die Türtaschen passen sogar 1 Liter Flaschen und das kann wahrlich nicht jedes Fahrzeug in der Kompaktwagen-Klasse. Leider sind die Getränkehalter nicht ganz ausgereift, 0,5 Liter Flaschen fangen leicht an zu kippeln. Das der BMW i3 keinen Mitteltunnel benötigt ist der neuen Technik geschuldet. Den Platz zu öffnen birgt aber auch Gefahren, so kann nun z.B. eine in den Beifahrerfußraum gelegte Flasche herüberrollen und sich ggf. unter das Fahrpedal verkeilen. E-Driver müssen umdenken, BMW i3 Fahrer erst Recht. Wir sind ein Vorserienmodell gefahren, die Fensterscheiben vorne verfügen über keinen Einklemmschutz. In der Serie soll dieses “Feature” allerdings vorhanden sein. Optional gibt es eine Rückfahrkamera und auch Parksensoren für die vordere Stoßstange. Diese Assistenzssysteme würde ich bestellen, denn auch wenn der Wagen klein und wenig ist, man weiß nicht genau wo er anfängt und wo das Ende ist.

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Kurzfazit: Carbon ist leicht, aber leider auch teuer. Der BMW i3 spielt mit Leichtigkeit die Vorteile der Elektromobilität und der leichten Werkstoff aus, überzeugt durch ansprechende Fahreigenschaften, viel Platz im Innenraum und pfiffigen Detaillösungen. Was bleibt ist der Preis. Der ist für Otto Normal vermutlich, für den deutschen Markt, zu teuer. In anderen Ländern wird BMW damit punkten, dort wo es Ersparnisse gibt für E-Driver, wo die Pioneers-Arbeit nicht nur gelobt, sondern auch finanziell unterstützt wird. Über die Optik? Da mag ich mich nun nicht mehr streiten, den einen wird der BMW i3 gefallen, den anderen halt nicht. Kommen wir noch mal kurz zurück zur Frikandel, der BMW i3 ist (meiner Meinung nach) irgendwie wie eine Frikandel. Von außen nicht unbedingt attraktiv aber trotzdem ganz schmackhaft. Wie lehrte uns doch Forest Gump? Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel? Ich bin gespannt was die Zukunft noch so alles bringen wird.

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Alternativen zum BMW i3? Der Opel Ampera oder der Nissan Leaf. Die haben dann auch “normale” Türen und sind somit besser für die kleine Familie geeignet, wenn auch vom Kofferraum hier der BMW i3 mehr überzeugt als der Opel Ampera. Die hinteren Scheiben vom BMW i3 lassen sich nicht öffnen und auch wenn man Kindersitze montieren kann, finde ich die gegenläufigen Türen eher unpraktisch, vor allem in engen Parklücken.

Disclaimer: Trotz 2 Tagen im wunderschönen Amsterdam habe ich keine Frikandel bekommen! Bei Lisa gibt es übrigens hier noch Fotos von dem orangenen und vom silbernen BMW i3 und bei Benny gibt es auch schon den ersten Bericht.