Es war am Wörthersee, da sprach Ferdinand Piech Vorsitzender des Aufsichtsrates der Volkswagen AG) zu den VW-Jüngern im Beisein von Rupert Stadler (Vorstandsvorsitzender der Audi AG) und neben privaten Informationen (wann sein Großvater das Haus am Wörthersee erworben hatte) vermeldete er, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass in der Zukunft auch die “wertvolleren Marken” zum legendären Wörthersee-Treffen kommen könnten. Ich habe nicht in das Gesicht von Herrn Stadler blicken können, doch wenn es meines gewesen wäre, ich hätte meine gute Miene verzogen. Ist Audi etwa keine wertvolle Marke? Diese Gedanken kamen nicht nur bei der Rede von Herrn Piech, denn die Marke Audi präsentierte sich auch beim 33. Wörtherseetreffen mit einem sehr ansprechenden Stand. Das taten allerdings auch Seat, Skoda und Volkswagen und mit den drei Marken teilt sich Audi ja auch den MQB und was viele gar nicht wissen, der MQB wurde sogar mit einem Audi eingeführt!

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MQB? Der Modulare Querbaukasten ist wie ein Baukasten! Dieser MQB sorgt für günstige Herstellungsprozesse, denn nicht jede Marke muss die Technik neu entwickeln, man greift einfach auf bestehende Bauteile zurück und passt diese ggf. an die neuen Formen an. Den Anfang machte man im Konzern mit dem Audi A3 8V im Jahre 2012, anschließend folgte der aktuelle VW Golf 7 und auch der neue Audi TT entsteht auf dem MQB. Nun könnte man natürlich sagen, dass Audi den Claim “Vorsprung durch Technik” auch weiterhin tragen darf, da die technischen Entwicklungen ja auch Einfluss haben auf den MQB, doch wenn auch die anderen Konzern-Schwestern diese Technik nutzen – wo ist dann der Vorsprung?

LED Scheinwerfer? Gibt es bei den anderen auch! Laser-Scheinwerfer? Bei Audi noch nahe Zukunft, bei BMW nun schon (i8) ausgeliefert an die ersten Kunden! Adaptive Fahrwerke? Schnee von gestern! Fahrassistenzsysteme? Die bietet VW inzwischen sogar im kleinsten VW Polo an und der bekommt sogar ein Infotainment-System welches über Mirror-Link verfügt. Wenn nun die neuen Modelle von Audi wenigsten “Aha-Effekte” mit sich bringen würden, doch schaut man sich das Facelift vom Audi A7 einmal an, dann sieht man dort marginale kosmetische Veränderungen, ist das schon alles? Ist das wirklich der Vorsprung durch Technik?

Na klar, die neuen Motoren – die sind nun alle sparsamer geworden, selbst der 4.0 Liter V8 verfügt nun über eine Zylinderabschaltung. Ja – aber das können die kleineren Motoren aus dem Konzern auch – selbst im VW Polo. Technisch gesehen ist der komplette Konzern auf dem Stand der Dinge, doch warum sollte ich mir einen Audi kaufen, wenn die anderen Konzernfahrzeuge doch günstiger sind und ähnliche technische Ansätze bieten?

Rechtfertigt sich der, übrigens im Jahre 1971 eingeführte, Werbeslogan Vorsprung durch Technik nur durch das Design, das Interieur, die Verarbeitung und das Fahrgefühl? Wenn ja, dann würde ich den Claim weitergeben an die quattro GmbH, denn die leistet meiner Meinung nach noch den größten Kaufgrund für sportliche Audi Modelle – den quattro-Antrieb. Dafür fehlen reine Hecktriebler, in der Disziplin fährt Audi auch BMW und Mercedes hinter her, gerade bei den größeren Limousinen, auch wenn der quattro-Antrieb natürlich vorbildlich funktioniert. Der Audi TT mit Heckantrieb, das wäre was, oder? Ich fürchte so ein Fahrzeug kommt demnächst von Mercedes-Benz auf den Markt, ggf. hat dieses dann aber auch ein Allradsystem an Bord.

Bei Audi selbst hat man etwas geschlafen und das merkt man auch wenn man sich die personellen Wechsel ansieht. 2012 wurde der Entwicklungsvorstand Michael Dick von Wolfgang Dürheimer ersetzt. Dieser räumte nach nicht einmal einem Jahr wieder den Posten. Nun regiert VW. Prof. Dr. Ulrich Hackenberg ist der aktuelle Vorstand für Technische Entwicklung der AUDI AG mit zusätzlicher Verantwortung für die markenübergreifende Entwicklungssteuerung der Volkswagen AG, VW zieht also die Fäden und Audi ist somit nichts anderes als die Marionette die mit den MQB Bauklötzen spielen, bzw. diese sogar für den Konzern entwickeln darf.

Während die Premium-Mitbewerber – die Audi ja so gerne ärgern möchte – sich in jeder nur erdenklichen Nische breit machen ist man – vermutlich auch durch den MQB – nun etwas festgefahrener. Der Audi A3 ist und bleibt ein Erfolgsmodell, aber wird das Modell dem Claim Vorsprung durch Technik gerecht? Ist ein Audi A3 nicht auch nur ein VW Golf 7 mit einer anderen Karosserie? Wenn ich jetzt noch den Seat Leon ins Spiel bringe, dann wird es doch etwas dünn, oder?

Beim Audi R8 e-tron hatte Audi damals die Trümpfe im Ärmel, doch man hat sich die Butter vom Brot nehmen lassen. Selbst BMW hat inzwischen zwei Elektrofahrzeuge auf dem Markt, Audi muss nachziehen – die große Elektrooffensive hat zunächst Volkswagen gezündet. Interessant auch: Der neue Porsche Macan basiert technisch gesehen auf dem Audi Q5, doch Porsche hat hier viele Gleichteile aus dem Konzept verworfen, der Antrieb und das Allradmodul hatte in Zuffenhausen wohl nicht gerade für Begeisterungsstürme gesorgt.

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Innovative Konzepte? Fahrzeuge mit Ah-Effekt? Ich gebe zu, der 420 PS starke Audi TT Antrieb, der hätte was davon – aber ob der so jemals in Serie kommt? Das neue Audi-Cockpit ist auch Klasse mit dem einstellbaren Displays, doch die gibt es auch schon im Lamborghini und in einer Skoda Studie habe ich die auch schon gesehen. Wo ist er also geblieben, der Vorsprung durch Technik? Steckt der nun im MQB und kommt dem kompletten Konzern zu Gute? Welche Rolle spielt die Marke Audi in ein paar Jahren im Konzern? Beliefert man weiterhin die Premium-Kunden oder fokussiert man sich gar auf Allrad-Fahrzeuge? Ich weiß es nicht, habe aber etwas Angst um die Eigenständigkeit der Marke, die ich eigentlich sehr schätze. Vor ein paar Jahren hätte man bei Audi keinen Audi A1 auf die Straße gebracht, zu nah sei dieser am Erfolgsmodell Audi A3 – doch was interessiert das Geschwätz von gestern, wenn die Absatzzahlen stimmen und jede – noch so kleine Nische – besetzt werden muss? Audi setzt nun auch auf Hybrid-Modelle, der Audi A3 e-tron kommt – um dem Claim gerecht zu werden – allerdings viele Jahre zu spät, denn inzwischen dürfte es unbestritten sein, dass Toyota bei diesen Modelle nicht nur technisch führend ist.

Gerne erinnere ich nun noch einmal an die Meilensteine von Audi: Das wäre der Quattro-Allradantrieb, der Fünfzylinder-Benziner der aktuell nur noch im Audi RS Q3 zum Einsatz kommt, die Vollverzinkung der Karosserie und die somit verbundene Lösung des Rostproblems, die Karosserie aus Aluminium und die konsequente Umsetzung des Leichtbaus. Der Laser-(Fern)-Scheinwerfer, der nun im Audi R8 zum Einsatz kommt, der bringt zwar viel Licht, doch leider sehe ich inzwischen auch viel Schatten. Man möchte den Kollegen in Ingolstadt ja quasi zurufen: Aufwachen, baut doch endlich mal wieder ein Fahrzeug mit Ah, Oh und Uh-Effekt oder präsentiert einen nächsten Meilenstein, doch bitte lasst dieses nicht eine weitere Audi TT CrossOver Studie oder das vernetzte Auto sein.

Weitere spannende Themen gibt es heute übrigens bei zahlreichen anderen Blogger-Kollegen. So z.B. bei Thomas, der sich BMW etwas vorgenommen hat und Don Dahlmann & Fabian Mechtel sprechen gleich über mehrere Marken bzw. stellt Robert sich die Frage ob die Automobilhersteller denn auch für die Zukunft gewappnet sind.