Immer wenn ich jemanden sagen höre, dass die Nordschleife (also diese legendäre Rennstrecke in der Eifel, die auch den Spitznamen “grüne Hölle” trägt) ja “nur eine Landstraße ist” und man deswegen doch da auch den ganz normalen Versicherungsschutz hat, dann bekomme ich Bauchschmerzen.

Recht gibt mir nun das Oberlandesgericht in Karlsruhe, denn laut dem Ur­teil vom 15.04.2014 (Az.: 12 U 149/13) ergeht, dass kein Versicherungsschutz besteht für Schäden, die bei der Beteiligung an Fahrtveranstaltungen entstehen, bei denen es auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt. Selbst Übungsfahrten sind dabei eingeschlossen und gar Schäden, die bei jeglichen Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken entstehen, auch wenn es nicht auf einer Erzielung der Höchstgeschwindigkeit ankommt.

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Kurz zur Geschichte, am 04.04.2012 kam es auf der Nordschleife des Nürburgrings zu einem Abflug. Abgeflogen? Ein Porsche 911 GT3! Das Fahrzeug war über eine Haftpflichtversicherung und über eine Vollkaskoversicherung abgesichert. Im Kleingedruckten der Versicherung steht z,B. :

“Kein Versicherungsschutz besteht für Schäden, die bei der Beteiligung an Fahrtveranstaltungen entstehen, bei denen es auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt. Dies gilt auch für dazugehörige Übungsfahrten. Darüber hinaus besteht kein Versicherungsschutz für jegliche Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken, auch wenn es nicht auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt (z.B. bei Gleichmäßigkeitsfahrten, Touristenfahrten). Versicherungsschutz besteht jedoch für Fahrsicherheitstrainings.” und weiter kann man dort lesen: “Das Fahrzeug darf nicht zu Fahrtveranstaltungen und den dazugehörigen Übungsfahrten verwendet werden, bei denen es auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt und die behördlich nicht genehmigt sind.”

Nun, der Porsche-Fahrer fuhr bei einer DSK (Deutschen Sporfahrerkreis) Veranstaltung mit, die Veranstaltung fand auf einem Teil des Nürburgrings statt und dort ereignet sich nachfolgende Unfallschilderung: “Nach Rechtskurve hat Wagen übersteuert, hat sich gedreht und ist 2 x in Leitplanke gefahren. Gott sei Dank immer vorn! Geschw. ca. 115 km/h. Ich hatte Schuld.” – der Unfall sei in einer geschlossenen Ortschaft passiert. Die Versicherung fragte nach, da 115 km/h in einer geschlossenen Ortschaft doch eher untypisch sei. Erst da gab der Fahrer an, dass ihm bei der Schadensanzeige wohl ein Fehler unterlaufen sei. Der richtige Ort wäre außerhalb geschlossener Ortschaften gewesen, genauer gesagt: “Nürburgring Nordschleife, Abschnitt „Hohe Acht“ anlässlich einer Besichtigung während einer Touristenfahrt!”

2012 wurde die Kostenübernahme von der Versicherung abgelehnt. Der Fahrer, bzw. die Dame der das Fahrzeug gehörte, klagte und begründete: “Der Versicherungsnehmer wisse nicht, wann er versichert sei und wann nicht. Insbesondere sei intransparent, was unter einer Motorsport-Rennstrecke zu verstehen sei. Da die Klausel unter dem Stichwort „Rennen“ zu finden sei, müsse ein Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass nur die Teilnahme an einem Rennen von der Versicherungsleistung ausgeschlossen sei. Bei der streitgegenständlichen Fahrt habe es sich nicht um ein Rennen gehandelt. Es sei weder um die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten noch um die Ermittlung der kürzesten Fahrzeit gegangen, sondern lediglich um die Optimierung von Fahrkönnen und Fahrtechnik. Ausschließliches Ziel der Veranstaltung sei die Verbesserung der Fahrsicherheit für den Straßenverkehr gewesen, weshalb sich die Veranstaltung letztlich als Fahrsicherheitstraining darstelle.” – Eigentlich clever, oder?

Das sah das Landgericht in Mannheim nicht so: “Die Versicherungs-Klausel sei wirksam, ihr Wortlaut klar und eindeutig; hiernach sollten jegliche Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken vom Versicherungsschutz ausgenommen sein. Bei einer Motorsport-Rennstrecke handle es sich – was sich dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erschließe – um Strecken, die dem Motorsport gewidmet seien und auf denen kein öffentlicher Straßenverkehr stattfinde. Auch dass es mehrere Klauseln unterschiedlichen Inhalts gebe, mache Ziffer A 2.18.2 AKB nicht intransparent; vielmehr erschließe sich dem aufmerksamen Versicherungsnehmer problemlos, dass die unterschiedlichen Klauseln für unterschiedliche Versicherungen gelten. Etwas anders ergebe sich auch nicht daraus, dass das „Zwischenstichwort“ vor dieser Klausel „Rennen“ laute. Der Zusammenhang zwischen einem „Rennen“ und dem „Fahren auf einer Motorsport-Rennstrecke“ sei so eng, dass der verständige Versicherungsnehmer, der beabsichtige, an einer Veranstaltung auf einer Motorsport-Rennstrecke teilzunehmen, vom Lesen der Bedingung nicht deshalb absehe, weil er glauben könne, die Klausel sei für ihn keinesfalls einschlägig. Bei der streitgegenständlichen Veranstaltung handle es sich auch nicht um ein Fahrsicherheitstraining i.S.d. Versicherungsbedingungen.”

Die Klage wurde also abgewiesen und man ging in Berufung diese wurde in diesem Jahr ebenfalls abgewiesen. Also “habt Acht” wenn ihr in der hohen Acht unterwegs seit, denn die Versicherung muss nicht bezahlen wenn ihr dort euer Fahrzeug oder aber die Leitplanken zerstört. Noch schlimmer dürfte es werden, wenn andere Personen gefährdet oder gar verletzt werden.

Ich persönlich bin auch schon die ein oder andere Runde auf der Nordschleife gefahren, der Respekt vor der Strecke fährt jedes mal mit, nun vermutlich auch noch die Angst, dass die Frage ungewiss ist – wenn etwas passiert – wer dann zahlt. Denn was ist z.B. wenn dir jemand auf der Nordschleife ins Auto fährt,  du dich drehst und dabei andere Fahrzeuge beschädigst bzw. noch in die Leitplanke knallst. Was ist wenn derjenige nicht zahlen kann? Wer bleibt auf den Kosten sitzen und wer kann sich ein zweijähriges Gerichtsverfahren “leisten”? Solange nichts passiert bzw. nur das eigene Material drauf geht, ist ja alles in bester Ordnung und das wünsche ich jedem. Denn die Nordschleife ist schon wunderschön und das Gefühl da einmal selber drüber zu fahren ist auch unbeschreiblich.

Deswegen mein Tipp: Versicherungs-Police gut lesen, wird da eine Fahrt ausgeschlossen, dann mietet euch vor Ort ein Fahrzeug welches extra dafür versichert wurde. Nehmt auf keinen Fall ein Leihwagen von SIXT, Europcar, Avis etc. – denn die schließen die Benutzung von Rennstrecken in ihren AGB aus – damit handelt ihr euch gleich mehrfachen Ärger ein, auch wenn die Nürburgring Nordschleife als öffentliche Bundeskraftfahrstraße im Sinne der Straßenverkehrsordnung (StVO) und Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) gilt und durch die Breite von mehr als 12 Metern es keine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung gibt. Es gibt auch Fahrsicherheits-Trainngs die auf / an der Nordschleife stattfinden und zahlreiche Hersteller bieten auch Kurse an, dann fährt man a) nicht nur mit sehr schönen Fahrzeugen sondern auch rechtlich auf der sicheren Seite.

Quelle: Oberlandesgericht in Karlsruhe – Ur­teil vom 15.04.2014 (Az.: 12 U 149/13)