So ein Automobil-Blog ist ja auch immer etwas wie eine Spielwiese, man selbst entscheidet was drauf steht – und warum nicht auch mal einen offenen Brief? Nachfolgende Mail versende ich ab heute, wenn ich zu Fahrveranstaltungen eingeladen werde, die länger als drei Fahrstunden (mit dem eigenen Auto) von Bielefeld entfernt sind.

Ich bin da ganz ehrlich, ich habe am Anfang die Corona-Pandemie auch nicht so ernst genommen, wie ich sie hätte ernst nehmen müsste. Ich bin aber weder Arzt, noch Virologe und schon gar kein Politiker. Ich finde, wir haben das in Deutschland ganz gut im Griff – auch wenn die Zahlen steigen – und auch wenn mir die Mitarbeiter der Fluggesellschaften leid tun, ich will derzeitig nicht fliegen.

Das sorgt für weniger Beiträge hier im Blog und auch auf meinem YouTube-Kanal Voice over Cars, das sorgt für weniger Geld in der Kasse – aber es fühlt sich richtig an. Die Begründung dafür steht in der Mail:

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kollegen,

ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Es ist auch keine Entscheidung, die aus dem Bauch heraus getroffen wurde, denn die nachfolgende Entscheidung hat für mich große finanzielle Nachteile. Aber es darf in dieser Pandemie nicht nur um Geld gehen. Es darf auch nicht immer nur um den eigenen Vorteil gehen. Wenn wir die Infektionsketten wirklich unterbrechen wollen, dann müssen wir auch die möglichen Kontakte auf ein Minimum reduzieren.

[tl:dr] : Ich sage die Einladung zu der Fahrveranstaltung ab.

Begründung:

Wie kann ich Kontakte minimieren? Auf Fahrveranstaltungen klappt das in der Regel sogar sehr gut, ich nehme mir das Auto und bin autark unterwegs. Abstände können eingehalten werden. Die Fahrzeuge werden zwischendurch desinfiziert. Unter uns: Auf Fahrveranstaltungen habe ich mich bis dato sehr, sehr sicher gefühlt.

Aber wie komme ich zur Fahrveranstaltung? Hier im Umkreis mit dem Fahrzeug, welches sich als “die sicherste Mobilitätslösung” herausgestellt hat: Mit dem Auto! Ich liebe es! Ich liebe es mit dem eigenen Fahrzeug zur Veranstaltung zu fahren, habe kein Problem mit dem Gepäck und hab immer alles dabei. Oft sogar viel zu viel, aber das ist eine andere Geschichte. Vor allem habe ich meine Ruhe und darf sogar die Maske ablassen.

Aber es gibt leider auch Veranstaltungen die weiter entfernt sind. Dahin müsste ich mit der Bahn oder mit dem Flugzeug und genau das will ich nicht mehr. Das liegt nicht an der Maske, an die habe ich mich sogar mittlerweile gewöhnt und die hat im Winter sogar ungeahnte Vorteile: Man friert nicht im Gesicht!

Doch es geht hier nicht um die Maskenpflicht, mir geht es um das Reisen. Nach Rücksprache mit meiner Familie, habe ich mich dazu entschlossen, dass ich derzeitig nicht mehr mit dem Flugzeug zu einem Termin anreisen möchte. Dazu habe ich erst vor kurzem (negative) Erfahrungen sammeln können, die haben mir gereicht. Auch wenn eine Ansteckungsgefahr im Flugzeug selbst vermutlich sehr gering ist, können da Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden und man hat Kontakt zu sehr vielen Menschen – auch wenn die nur beim Boarding an einem vorbeigehen oder im gleichen Wartebereich sitzen.

Nun weiß ich aus eigener Erfahrung auch schon, wie es ist in Quarantäne zu sein bzw. mit jemanden in häuslicher Gemeinschaft zu leben, der unter Quarantäne gestellt wurde. Bei uns kam der offizielle Bescheid zur Quarantäne erst am 13. Tag – das nur für diejenigen die sich wundern, warum einige da vielleicht das Vertrauen zum Gesundheitsamt verloren haben.

Obwohl wir alle negativ getestet wurden, stand unser Sohn weiterhin unter Quarantäne und gemäß den Vorgaben einiger Unternehmen durfte ich somit nicht zu Veranstaltungen. Das bedeutet: Verdienstausfall ohne Ausgleich, da ich selbst nicht unter Quarantäne gestellt wurde. Unzufriedene Kunden gab es auch, denn natürlich konnte ich da die versprochenen Fahrzeuge nicht “liefern” – ein Teufelskreis.

Ich habe eine Verantwortung für meine Familie, für Freunde und mein näheres Umfeld. Einige davon gehören zur Risikogruppe. Ich habe in meinem Leben schon zu viele liebe Menschen verloren, da will ich keinen in Gefahr bringen.

Daher möchte den Kontakt zu fremden Kontaktpersonen auf ein Minimum reduzieren, das gilt für Flüge, Bus- und Bahnfahrten und die damit verbundene Wartezeiten an Flug- oder Bahnhöfen. Das gilt übrigens auch für das private Leben, dafür brauchten wir bis dato keine Vorgaben vom Staat, dafür reichte unser gesunder Menschenverstand.

Nun wohne ich aber in Bielefeld. Nicht gerade der Mittelpunkt der Welt und schon gar nicht von Deutschland, wenn auch über sämtliche Landesgrenzen berühmt und berüchtigt. Jetzt heißt es doch wieder wirtschaftlich denken! Wie wirtschaftlich ist es über 12 Stunden im Auto zu sitzen um zu einem Termin zu kommen? Vor allem dann, wenn es ein Tagestermin ist oder der zweite Tag nur ein Rückreisetag ohne Fahranteil?

Bitte verstehen Sie das nun nicht als mangelndes Interesse an Ihren Produkten, ich liebe weiterhin Autos, die Technik dahinter und kann mir auch weiterhin kein Beschäftigungsfeld vorstellen, welches ich lieber machen würde. Aber wir haben nunmal die steigenden Zahlen, wir haben die Risikogebiete in Deutschland und ich möchte mir später nicht vorwerfen lassen, dass ich trotzdem durch die Weltgeschichte geflogen bin und nichts dagegen getan hätte.

Auch für die Kollegen die das noch machen wollen (oder müssen) habe ich Verständnis, der Leistungsdruck in unserer Branche ist recht hoch, es gilt in der Regel Plätze zu füllen, sei es Anzeigen-, Beiträge- oder einfach nur Plätze beim Hersteller.

Über ein Fahrzeug sollte man stets nur dann urteilen, wenn man es auch gesehen, gefühlt und selbst bewegt hat. Wie bewegend so ein Moment ist, wenn man zum ersten Mal in ein neues Fahrzeug einsteigt – für diesen ersten Eindruck gibt es in der Regel keine zweite Chance. Doch dieser Moment sollte in meinem Fall nicht überschattet sein mit Zweifel, oder? Es fühlt sich derzeitig einfach nicht richtig an zu fliegen – und das schreibt einer mit einem CO2-Fußabdruck der jedes Mitglied der DUH umkippen lässt.

Aus den oben genannten Gründen sage ich meine Teilnahme ab! Aus einem Risikogebiet in Deutschland in ein weiteres Risikogebiet zu fliegen – das möchte ich zum aktuellen Zeitpunkt nicht tun, vielen Dank für Ihr Verständnis.

Lösungsvorschläge seitens der Industrie gibt es bereits, dezentrale Fahrveranstaltungen beim Händler vor Ort – eventuell eine Lösung für die Winterzeit – das würde das stark gebeutelte Händlernetz ggf. auch unterstützen? Kollege Jan Gleitsmann von Ausfahrt.TV hatte in diesem Jahr auch bereits eine dezentrale Fahrveranstaltung am Bilster Berg ins Leben gerufen, weitere sind da in Planung, für die Kollegen aus NRW und Umgebung. Bjoern Habegger plant etwas ähnliches in seinem “Habbyversum” im Süden und am allerliebsten hätte ich natürlich auch weiterhin zeitnah die Testfahrzeuge, aber das Leben ist und bleibt nun einmal kein Wunschkonzert. In unserer Branche gilt leider auch noch “Zeit ist Geld” und der frühe Vogel fängt oft den Wurm.

Mir ist bewusst, dass ich mir selber nun interessante Inhalte und somit auch Reichweite wegnehme. Ganz plakativ: Das kostet mich Geld. Unterm Strich greife ich mir mit dieser Entscheidung in den Geldbeutel. Aber es fühlt sich richtig an. Für mich und meine Familie. Bitte bleiben Sie gesund und es kommen hoffentlich bald wieder bessere Zeiten. Für uns alle!