Was einst der BMW 2002 Turbo war, möchte heute der BMW M2 sein. Heckantrieb, Turboaufladung, sechs Zylinder – klassischerweise in Reihe gebaut – und ordentlich Qualm an der Kette! Das sind die Indizien für reichlich Fahrspaß. Durfte der Vorgänger, das BMW 1er M Coupé noch nicht M1 heißen, damit der Respekt vor dem Renn-Tourenwagen BMW M1 gewahrt bleibt, muss sich das 2er M Coupé nicht von solchen Einschränkungen verwirren lassen. Einfach BMW M2, einfach Power, einfach Freude am Fahren und hier macht der Claim der Marke wieder alle Ehre.

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BMW ist fast von all seinen Tugenden abgewichen. Sechszylinder? Fast ausgestorben. Heckantrieb? Nur noch teilweise verfügbar. Dreizylinder? Mittlerweile im 1er am Werkeln und wohl auch in der nächsten 3er Generation zu erwarten. Minivans? Mit dem 2er Active Tourer längst im Hier und Jetzt angekommen. Verweichlicht die Marke, die jahrzehntelang für sportliche Performance und unerschütterliche Werte stand? Vielleicht. Aber die Zeit erfordert nun mal Anpassungen und der Erfolg gibt den Münchner Recht. Nicht zuletzt mit den i-Fahrzeugen fundamentieren die Bayern ihr Image. Umso erfrischender ist ein Auto vom Format des BMW M2.

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Political Correctness? Nein danke, nicht heute! Allein beim Anblick sind alle Zweifel wie weggewischt, dass bald nur noch lautlose Stromer Elektro-Fahrzeuge aus München kommen. Es gibt eben keine zweite Chance für einen ersten Eindruck – und der spricht eine eindeutige Sprache. Gib Gas flüstert mir der knallblaue Renner abwechselnd ins linke und rechte Ohr. Diesem Drang zu widerstehen ist hart, aber ich will mir zunächst das Blechkleid anschauen.

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Tief kauert das Kompakt-Coupé auf der Straße. Die Frontschürze hört knapp über dem Asphalt auf und verdeckt mit ihren riesigen Kühlluftöffnungen nur ansatzweise den mittigen Ladeluftkühler. Links und rechts wird der Fahrtwind so kanalisiert, dass nicht nur der Antrieb Frischluft zugefächert bekommt, sondern auch die Bremsen. Seitlich installierte das M-Team recht zurückhaltende Schweller, während die schwarzen 19-Zoll-Schmiederäder kein Geheimnis aus der ordentlich groß dimensionierten Bremsanlage machen. Selbstredend finden sich in den vorderen Kotflügeln die typischen Lufteinlässe wieder, die einen M aus Garching signalisieren. Hinten bleibt wieder keine Frage offen, wessen Geistes Kinder der BMW M2 ist: Die ausladende Heckschürze birgt vier Endrohre, die einen unglaublichen Sound entlassen. Zwar wird die Klangkulisse von der Klappenauspuffanlage beeinflusst, ist sie aber offen, ist eine Gänsehaut nicht mehr abzuwenden. Der Sound ist einfach nur geil, im Innenraum ist er mir persönlich aber etwas zu leise.

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Der Innenraum? Auf den Fahrer zugeschnitten! BMW sparte ein paar Kilo ein, in dem auf überflüssige Dämmmaterialien verzichtet wurde, anstatt irgendeinen Hokuspokus mit Carbon, Alu oder sonstigen Hightech-Materialien zu veranstalten. So konnte das Gewicht auf rund 1.500 kg gedrückt werden. Die Treffen auf 370 PS aus einem 3.0 Liter Reihensechszylinder, wie es sich gehört. Das N55 genannte Triebwerk reicht seine 465 Newtonmeter wahlweise handgeschaltet an die Hinterräder weiter. Beherrscht man das Spiel zwischen Gas und Kupplung, schießt das blaue Coupé binnen 4,3 Sekunden auf 100 km/h. Über die Höchstgeschwindigkeit kann man selbst entscheiden. Entweder man belässt es bei 250 Stundenkilometern oder man überweist einen kleinen Obolus nach München und darf den M2 mit 270 Sachen rennen lassen. Alternative drei wäre dann der Gang zum Tuner, aber dort werden solche Boliden auch gerne mal verbastelt.

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Mit diesem Datenblatt rangiert der neue BMW M2 also auf Augenhöhe mit seinen Konkurrenten vom Schlage eines A45 AMG oder Audi RS3. Diese fahren jedoch mit einem Allradantrieb vor, der in Mode gekommen zu sein scheint. Das verkneift sich der BMW und lässt seine gesamte Kraft auf die Hinterräder los, einzig gedrosselt von der Elektronik, die sich ja abschalten lässt und gebändigt vom Sperrdifferential, das serienmäßig verbaut wird. So ausgerüstet kann man gar nicht anders, als freudestrahlend zu grinsen, sobald man ein paar Meter mit dem M2 fährt. Die Freude am Fahren steckt in jeder noch so kleinen Biegung, in jedem Zwischenspurt beim Überholvorgang auf der Landstraße oder beim Anbremsen der Lieblingskurve in Dorf XY. Legt man es darauf an, kommt dabei das Heck mit einem kleinen Eindrehimpuls zum Vorschein, was enorm viel Spaß bietet, den die genannte Konkurrenz durch ihre Antriebskonzepte unterschlägt. Das Rezept: Motor vorne, Antrieb hinten ist und bleibt einfach – rein emotional – unschlagbar.

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Fahrwerksseitig setzen die Ingenieure auf eine Kombination aus Komponenten des BMW M3 und BMW M4. Damit ist ein unbeirrbarer Bodenkontakt erlebbar, der fast seinesgleichen sucht. Kurven, egal welchen Radius sie auch besitzen mögen, verspeist der kleine Münchner zum Frühstück. Dabei röhrt er so herrlich aus den Trompeten am Heck, dass Jericho nicht mehr weit weg zu sein scheint. Natürlich ist der Zwischengasstoß dabei nicht nur dafür gedacht, die Umdrehungen des Getriebes an die des Motors anzupassen, sondern auch für den großen Auftritt.

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Ab Mitte April ist der neue BMW M2 erhältlich und startet bei knapp 57.000 €. Ein stolzer Preis für einen Kompakten. Wer sich ein paar Extras gönnt, der wird bei 70.000 Euro landen. Aber zum einen war es noch nie ein billiges Vergnügen einen BMW zu fahren – besonders einen M – und zum anderen muss man die Relationen betrachten. Der M2 ist fast 17.000 teurer als ein M235i, ist aber fahrerisch von einem anderen Stern. Zwar könnte man das gesparte Geld in schöne Ad-Ons, wie ein nachgeschärftes Fahrwerk oder eine Motoroptimierung eines M235i stecken, dennoch wäre der M2 das Fahrdynamik-Ass. Schließlich verbirgt sich unter dem eng sitzenden Blechkleid die Technik der Sportwagen-Ikonen BMW M3/M4. Betrachtet man die gesamte M-Palette, wird der M2 sogar zum echten Schnäppchen, da kein Auto der M-GmbH günstiger zu bekommen ist.

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Wäre er grün, dann wäre er Hulk nach der Umwandlung. Ein Biest, welches aus seinem Anzug gewachsen ist. Die Bremsen? Ein Traum! Die Verzögerung geht genauso gut wie die Beschleunigung. Die Lenkung ist direkt und das Handschaltgetriebe kurz und knackig. Was soll ich sagen? Der BMW M2 ist – ach kommt, warum soll ich es nicht genauso so schreiben wie ich es meine – ein Traum. Wer Kritik sucht, muss nun etwas runterscrollen.

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Innen bekommt man für dieses Geld eine gute Haptik, wertige Materialien und eine ansprechende Verarbeitung. Design-Sperenzchen verkneift sich der Münchner, sondern wartet mit einem Wurst-dicken Lenkradkranz darauf, dass man mal deftig hinlangt. Und da ist sie wieder, die Stimme, die den Befehl zum Gasgeben erteilt. Gibt man dem Drang nach, eilt der Kompakt-Sportler in Windeseile durch das Drehzahlband und orgelt bis 7.000 Touren hoch, während die Klangkulisse von bassig bis kreischen alles parat hält. Die Sitze geben beim Kurvenfahren einen angenehmen, aber nicht übertriebenen Halt. Für das Lenkrad sind meine Hände etwas zu klein, anders rum könnte ich auch sagen, dass das Lenkrad etwas zu dick ist. Aber eventuell ist das auch nur eine Sache der Gewöhnung.

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Zum Schluss will ich nochmal festhalten, wozu die Kraft des 2016 BMW M2 imstande ist. Beschleunigt man ordentlich durch, verrauchen die 265er Hinterreifen in Windeseile und der freundliche Reifenhändler an der Ecke wird zum besten Freund, der einen mit Namen und Handschlag begrüßt. Der Tankwart vermutlich auch, aber irgendwas ist ja immer. Die Klangkulisse liefert dabei ausreichend Suchtpotential, dass ich mich so langsam nach einer Entzugsklinik umschauen muss, um den kalten Entzug halbwegs unbeschadet zu überstehen. Obwohl, ihr kennt mich, für mich dürfte es auch noch die Sportauspuffanlage sein… ob man die dann auch im Bild der Rückfahrkamera sehen könnte?

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Doch beim nächsten Erscheinen der bis zu acht Zentimeter weiter ausgestellten Koftflügel , beim Auftauchen des breiten Hecks, beim Erblicken der großen Lufteinlässe an der Front und auch nur beim kleinsten Tönchen eines Reihensechsers kommt die Sucht wieder zum Vorschein. Ich freue mich also sehr, dass die BMW weiterhin Fahrzeuge, die Emotionen versprühen auf die Beine stellt und die Freude am Fahren nicht vergisst. Elektrifizierung hin oder her. Hätte ich nun ein paar Euro über, dann wüsste ich was ich bestellen würde. Beeilen würde ich mich, denn die Lieferzeiten werden defintiv in den nächsten Tagen nicht kürzer werden.

Das hier ist übrigens der oben zitierte BMW 2002 turbo:

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…und hier der BMW 1M:

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Okay, ich hatte euch Kritik versprochen. a) er steht nicht in meiner Garage b) der neue BMW M2 hat im Vergleich zum BMW 1M keine M3-Spiegel bekommen (den Controller der das verbockt hat möchte ich gerne mal kennenlernen) und c) ich musste das Fahrzeug nach 2 Stunden wieder abgeben. Wie kann man nur, mich erst anfixen und mir dann den guten Stoff nehmen. Das ist ja so als würde man meine Lieblings-Serie einstellen. By the way: Von Breaking Bad kommt eine neue Staffel und ich werde den BMW M2 früher oder später wieder sehen und sei es nur als Pace-Car von der MotoGP! Ich bin 1,75 hinter mir hätte kein Erwachsener mehr vernünftig Platz. Aber ganz ehrlich? Will man mit einem BMW M2 überhaupt 3-4 Personen befördern oder einfach nur die pure Fahrfreude ausnutzen. Somit kann man die Rückbank nutzen um den (gar nicht mal zu kleinen, 390 Liter großen) Kofferraum zu erweitern.

Fazit: Keine Frage! Der 2016 BMW M2 ist unvernünftig und …. … …. ach, wer will eigentlich immer vernünftig sein? Der BMW M2 ist ein tolles Auto, durch seine breiten Backen erinnert er mich an sogar an den legendären BMW E30 M3