Beim Thema Elektromobilität passieren wirklich komische Sachen. Dinge von denen man früher dachte: Das passiert mir nie!
Zugegeben: Auch ich musste schon mal an einer herkömmlichen Zapfsäule warten! Gerade bei Niedrigpreis-Angeboten oder temporären Preissenkungen neigt der Autofahrer ja zum Hamster-Sprit-Käufer zu mutieren.

Aber jetzt als Elektroauto-Testfahrer, da passieren mir Geschichten, die hätte ich niemals für möglich gehalten. Ich verabrede mich zum Laden! Ich plane Routen entlang von Lademöglichkeiten! Ich fahre Umwege um stets genug Puffer zu haben und habe inzwischen mehrere Ladekarten-Anbieter um möglich günstig unterwegs zu sein. Gefühlt bin ich mehr am planen als am fahren.

Ich fahre aktuell zahlreiche Elektrofahrzeuge. Weil ich es kann, weil ich es will und weil ich mich für das Thema interessiere. Ich bin in diesem Jahr bereits über 5.000 km rein elektrich gefahren! Ihr merkt schon, ich sammle Erfahrungen, denn ich möchte gerne herausfinden wie es ist, im Alltag, mit Elektroautos unterwegs zu sein. Aus dem Grund fahre ich gerne und viel mit den Elektroautos.

Kurze Strecken, mittlere Strecken und leider auch lange Strecken. Gerade auf langen Strecken nervt das Laden. Ansonsten klappt es sehr, sehr gut. Ich lade sogar fast ausschließlich an öffentlichen Ladesäulen. Ich würde behaupten, dass ich zu 90% umsonst geladen habe. Wie ein Strom-Schnorrer fahre ich dafür auch schon mal einen kleinen Umweg, denn schließlich kann man da viel Geld sparen und ja, das macht mir viel Spaß und Freude.

Leider machen das auch andere und es gibt Stoßzeiten, da gibt es eine Warteschlange an der Ladesäule. Kein Witz! Es gibt sogar Zeiten, da kann man die Uhr nach stellen, dann kommen die gleichen Gesichter mit den gleichen Fahrzeugen um die Ecke und erwarten den roten Teppich vor der Ladesäule ausgerollt. Wehe da steht dann einer, dann ist aber Holland in Seenot!

Mich würde es nicht wundern, wenn da an der Ladesäule demnächst ein Handtuch liegen würde. Es werden ja auch immer mehr, irgendwo müssen die Elektroauto-Fahrer ja auch laden. Zuhause kostet eine Stromladung gerne mal 17 Euro, da kann man also an der frei zugänglichen und aktuell noch kostenfreien Ladesäule also bares Geld sparen.

Es gibt diese Tage, ihr kennt das, da läuft nichts. Ihr kommt morgens schon spät aus dem Bett, habt vergessen die Mülltonne rauszustellen, die Spülmaschine nicht oder wieder falsch eingeräumt, die Partnerin ist sowieso schon sauer, ihr macht mal wieder alles verkehrt und das Elektroauto habt ihr auch gestern vergessen anzustecken. Was für ein Tag! Der kann doch gar nicht mehr gut werden! Eigentlich solltet ihr dann #stayhome Ernst nehmen und einfach im Bett bleiben, aber es gibt ja Dinge zu besorgen! Die Liste wird ja eher länger, also Ausruhen ist nicht. Ihr müsst auf die Straße.

Ab ins Elektroauto! Der Ruhepol im stressigen Alltag! Der lautlose Gleiter durch den Kleinstadt-Dschungel! Ein Blick auf den Füllstand, naja gut, ist noch genug Energie drin. Das soll wohl klappen! Ihr fahrt also los, fahrt zur Post, zur Apotheke, zum Getränkemarkt.

Anschließend noch kurz zum Tierfutterfachgeschäft, das ist zwar etwas weiter weg, aber für die lieben Hunde gibt es ja schließlich nur das Beste. Mmmh! Beim Dosenfutter-Einkauf Hunger bekommen!Schnell noch eine Kleinigkeit essen, der Tag war ja schließlich anstrengend.

In der Nähe vom Restaurant gibt es auch eine Ladesäule! Hah! Die ist sogar kostenlos, bzw. für die Elektroautofahrer derzeitig noch kostenfrei, denn kostenlos war die garantiert nicht! In Gedanken rechnet ihr euch gerade schön, dass euch das Essen so ja quasi gar nichts kostet, denn ihr ladet in der Zeit ja euer Auto. Wow! Das muss eine Win-Win-Win Situation sein! Ihr ladet euer Auto, könnt noch was Essen, der Wirt freut sich und unterm Strich zahlt ihr somit – nicht nur gefühlt – weniger. Da freut sich die Reichweite, der Magen und der Gastronom, ganz nebenbei auch noch der Geldbeutel!

Okay, ganz in der Nähe wäre nun auch übertrieben, aber etwas Bewegung tut ja auch gut, denn von der Ladesäule muss man schon noch ein paar Minuten zur Fuß gehen, aber wir wollten ja in diesem Jahr alle mehr Sport treiben. In Gedanken habt ihr also schon das leckere Schnitzel auf dem Teller und die pfeifende Ladesäule lässt den Akkufüllstand nach oben schnellen.

Doch dann, kurz vor der Zieldurchfahrt, der Geruch vom Schnitzel quasi schon in der Nase, steht ein Tesla Model 3 an der CCS Schnellladesäule. Warum? Kann der nicht an seinen Supercharger?

 

Es sind unweigerlich die gleichen Gedanken, die mich immer wieder erwischen! Daneben bin ich etwas neidisch auf das perfekte Netz von Tesla-Schnellladern an der Autobahn, das haben die echt gut gemacht, aber ich schweife ab.

Die Antwort ist simple: Weil er es kann und weil er es darf! Weil ich es auch machen würde! Ich hab mich in letzter Zeit viel mit Tesla Fahrern unterhalten, meine Vorurteile muss ich in den Griff bekommen, die sind fast alle sehr sehr nett.

Aber ich habe da ein kleines Problem: An der genannten Ladesäule kann nur ein Fahrzeug gleichzeitig an den Schnelllader. Der andere Wagen bekommt seinen Strom via Typ2 reingetröpfelt, wenn der Anschluss denn passt. Also CCS und ChaDeMo geht nicht zusammen nur die Kombination CCS oder ChadeMo zusammen mit Typ2.

Typ2 ist für längere Standzeiten echt okay, aber nicht wenn ihr Zeitdruck habt. Ältere Männer kennen das vom Pissior, wenn der Druck nachlässt und es eher nur noch so runter tröpfelt. Tröpfchen für Tröpfchen. Das kann schon etwas länger dauern, da wird so eine Halbzeitspause schon mal eng, woll?

In Gedanken also schon die Mittagspause verlängert, fährt ein Renault ZOE Fahrer sein Fahrzeug an die langsamere Typ2 Steckdose. Argh! Warum?

Die Antwort kennt ihr schon! Weil er es kann! Weil er es darf! Weil er das gleiche Anrecht auf diese Ladesäule hat wie ich und ein kurzer Rundumblick auf den Parkplatz ließ mich erahnen, dass der Nissan Leaf Fahrer – der zwingend auf den ChadeMo Stecker angewiesen ist- wohl auch nur auf die möglichst rasante Abfahrt vom Tesla-Jünger wartete.

Warteschlange an der Ladesäule! Ich mittendrin! Hätte man mir das vor zwanzig Jahren einer erzählt, ich hätte ihn ausgelacht! Aber das ist nun die Realität! Ich bin ohne zu laden ins Restaurant gefahren, sparsam und möglichst viel rekuperierend zurück mit der Hoffnung, dass beim nächsten Mal die Ladesäule frei ist.