Die ersten eMails hatten wir bereits vor vielen Monaten ausgetauscht. Da kommunizierte Wolfgang K. Elges allerdings noch für eine andere Fahrzeugmarke. Diese hatte zwar auch den Motor im Rücken des Piloten platziert, konnte sich aber leider nicht richtig im hart umkämpften Sportwagensegment behaupten. Als großer Fan von schnellen und sportlichen Fahrzeugen geht es bei ihm aber scheinbar nicht ohne flottes Blech. Daher kann Wolfgang nur schwer an dieser Fahrzeuggattung vorübergehen, ohne diese anzufassen, einzusteigen und sie mal schnell über seine „Hausrunde“ zu scheuchen. Genau das hat er kürzlich mit den neuen Boxster S von Porsche gemacht. Hier folgt seine Kritik am kleinen Porsche. Für die Inhalte übernimmt die Redaktion von rad-ab.com keine Haftung! Hier ist er also, der erste Gastbeitrag von Wolfgang K. Elges, der sicherlich nicht der letzte bleiben wird:
Viele Wochen lang rolle ich fast täglich auf dem Weg ins Büro an ihm vorbei. Meine Augen bleiben für Sekunden an ihm hängen und ich merke, wie ich mich vom Straßenverkehr ablenken lasse. Oben ohne steht er im Fenster, mal sieht er mich an, mal wendet er mir nur den Rücken zu. So kann das doch nicht weitergehen. Ich muss ihn kennenlernen!
Irgendwann habe ich das Gefühl das er mich direkt anblinzelt. Ich kann nicht mehr anders, jetzt muss ich endlich den ersten Schritt machen. Ich parke und betrete das Porsche Zentrum.
Und dann stehe ich plötzlich vor ihm, ein wenig aufgeregt schleiche ich um ihn herum. Schick, stylisch und hier diese…, ich kann meinen Gedanken nicht zu Ende denken, als plötzlich von hinten eine Stimme die Szene unterbricht und mich ungefragt aufklärt: „Das ist der neue Boxster! Sie interessieren sich für ihn? Darf ich ihnen helfen?“
„Ja! Ich interessiere mich für ihn! Schon seit Wochen! Und, Ja, Sie dürfen mir helfen! Geben Sie mir einfach schnell den Schlüssel und machen Sie das Dach auf!“genau das will ich antworten. Ich höre mich aber sagen: “Äh, ja, schon! Ich wollte ihm mir einfach mal anschauen, wo geht er den preislich los?“ Na klar, dass weiß ich alles schon. Ich weiß, dass der Boxster bei € 49.000,- losgeht, der Boxster S ab 58 Kracher. Ich weiß auch, dass man allein den „kleinen“ Boxster auf über € 112.000,- vollkonfigurieren kann!!! Also auf mehr als das Doppelte! Oder man könnte sich einfach zwei VW Golf noch zusätzlich daneben stellen. Aber ich frage trotzdem, damit es mir noch einmal ein Fachmann genau erklärt.
Daher verläuft das Gespräch mit dem äußerst freundlichen Porsche Exklusivverkäufer anfangs fast wie ein Quiz bei dem ich ihn etwas teste. Ich treffe wohl genau die Zielgruppe, denn er nimmt sich richtig Zeit für mich. Beantwortet alles ohne zu Zögern, ohne irgendwo nachschauen zu müssen. Dieser Mann hat seine Hausaufgaben scheinbar gemacht.
Tatsächlich, so erfahre ich ist der Boxster aber mit 62 – 66.000 Euro topp ausgestattet und würde wohl auch meist in diesem Preissegment bestellt. Schicke Räder, etwas mehr Leder, Klimaautomatik und etwas Schnickschnack nach persönlichem Geschmack. Weit über 70.000 habe er noch keinen konfiguriert, da könnte man dann ja besser gleich einen guten gebrauchten Elfer nehmen. Wir lachen beide, die Stimmung passt und ich traue mich die entscheidende Frage zu stellen: „Haben sie denn auch einen Vorführer mit dem ich mal eine kleine Runde drehen kann?“
„Auch eine große Runde!“ Irgendwie scheint es, als habe er genau darauf gewartet. Naja, er ist Profi und ich bin nicht der Erste, der mal Porsche fahren möchte. Er fragt mich einfach nur nach meinem Führerschein und bittet mich an seinen Schreibtisch. Ich bin also doch die Zielgruppe und gehe als potentieller Käufer durch. Uff! Alles geht sehr schnell und ich sitze kaum fünf Minuten später in einem nagelneuen Porsche Boxster S, keine 1.000 km auf dem Tacho, dafür aber eine 300 Angabe auf dem Tacho. Was aber viel wichtiger ist und was Porsche einfach ausmacht, auch im Boxster ist das Zündschloss links der Drehzahlmesser thront unübersehbar zentral mittig vor mir.
Aber als ich dann den Schlüssel drehe und sich die auf 6 Zylinder aufgeteilten 3.4 Liter durch die “geöffnete“ Klappenabgasanlage zu Wort melden, geht ein fettes Grinsen durch mein Gesicht. Der Porsche-Mann nickt mir wohlwissend zu und wünscht mir eine gute Fahrt.
Die habe ich dann auch. Tatsächlich bin ich im Porsche Zentrum kein Unbekannter und dieses Kennenlernen mit dem Boxster war auch schon länger geplant. Daher habe ich den Boxster einen ganzen Tag lang, einen ganzen sonnigen Tag lang. Das einzig Gemeine daran, und das weiß ich jetzt schon, wird die Rückgabe am späten Abend werden. Denn wie schnell man sich an schöne Dinge gewöhnen kann, das weiß ich schließlich schon durch viele andere Testfahren.
Natürlich drehe ich meine erste Runde nicht in der Stadt. Auch wenn es sicher verlockend ist, mit geöffnetem Dach durch die City zu cruisen und die Blicke der hübschen Damenwelt auf sich zu ziehen. Nein, ich gehe auf meine übliche Runde, bergig, enge Kurven und sogar ein paar kleine Serpentinen. Vollgas auf der Autobahn finde ich langweilig. Dazu kommt, dass der Klappenauspuff erst dann richtig Spaß macht, wenn man häufig die Gänge wechseln muss. Das sonore Gebrabbel beim Runterschalten und dieser volle Sound beim Ausdrehen bis ins maximale Drehmoment machen einfach die meiste Laune. Genau in diesen Momenten braucht ich keine Fahrwerte, PS-Zahlen und Angaben über Schaltzeiten im Millisekundenbereich. Alles überflüssig. Hier und jetzt sind es die Emotionen, der Sound und die Bewegungskräfte die auf meinen Körper wirken und ich denke nur, die Jungs von Porsche haben es einfach drauf. Gemeint sind die Entwickler, die jedes neue Modell immer mehr verbessern, aber auch das Alte bewahren. An diese Stelle sein einmal klar gesagt, dieser Porsche ist keineswegs eine “Hausfrauenporsche“, wobei das schöne Geschlecht sicher toll in dieses Traumauto passt. Nein, der neue Boxster ist voll und ganz Porsche. Für Puristen fast schon der bessere Elfer. Aber dazu gleich noch einen Satz.
Ich treibe den Boxster S über meine Hausstrecke, eben die Runde, die ich mir hin und wieder abends mit meinem alten ‘86er 911 oder offen im MX 5 gönne. Damit habe ich den Vergleich. Technisch ist der Boxster hier natürlich ganz weit vorn. Da wo ich sonst eher mal rausnehmen muss, da wo ich hochkonzentriert am Lenkrad zirkel und ich Gas, Kupplung und Bremse präzise dosieren muss, genau da ist dieser Porsche ein ganz anderes, komplett sicheres Fahrzeug. Ein Sportwagen aus Zuffenhausen eben.
Tatsächlich ist der neue Porsche Boxster S ein traumhafter Sportwagen, der selbst eingefleischte 911er-Klassiker-Fan einfangen dürfte. Warum? Weil der Boxster wieder so „klein“, wendig und reduziert ist, wie damals der 911. Heute ist der Elfer erwachsen geworden, er ist groß, stark und hat inzwischen keinerlei Unzulänglichkeiten mehr. Das ist gut so, der Boxster aber fühlt sich heute – fast – an, wie der 911 in den ‘80er. Allerdings mit Fahrleistungen und Verbrauchswerten von heute. Schließlich kann man den PDK-geschalteten Boxster S mit Segelfunktion auch mal mit gut unter 9 l/100 km bewegen und wird dennoch nicht zum Verkehrshindernis.
Wenn es dann – trotz € 1,70 pro Liter – doch mal in der Socke juckt, dann endet der Vortrieb erst bei 275 km/h, wobei die 100 km/h bei aktiviertem Sport Plus System schon bei 4,8 Sek. durchlaufen können (0-200 km/h bei 18,8 Sek.). Zum Vergleich, der Audi R 8 schafft auch „nur“ in 4,5 Sek. auf 100 (0-200 km/h 15,2 Sek.). Damit ist man im starken „S“-Boxster schon im Kreise der richtig schnellen Jungs unterwegs.
Mein Resümee nach einem “Tag im Freien“ ist daher der Tipp, den Boxster einmal selbst zu erfahren. Meine Erfahrung mit den Mitarbeitern der Porsche Zentren sind hierfür durchaus positiv. Bleibt zu hoffen, dass auch Ihr diese schöne Erfahrung mache dürft.