Es dauert nicht mehr lange und wir schreiben das Jahr 2017. 20 Jahre wird es dann her sein, als im Mercedes-Benz W124 den letzten Reihenmotor verbaute. Lange glaubte man, dass BMW der nahezu letzte Hersteller wäre, der am Reihensechszylinder festhält. Nun aber kommen die Stuttgarter zurück und rüsten die neuen Modelle durch die Bank mit neuen Aggregaten aus. Darunter auch wieder Reihensechszylinder-Aggregate. Wir werfen einen Blick auf die neue Motorenfamilie.
Der Schwabe an sich gilt ja als erfindungsreich. Das passt, schließlich zeigte Mercedes vor nicht allzu langer Zeit seine neuen Technologien, wie etwa das 48-Volt-Bordnetz, den Integrierten Starter-Generator (ISG) oder die elektrische Turboaufladung. Das erste Modell, das von diesen Technologien profitiert, wird die neue S-Klasse sein.
M256: Sechs in Reihe
Fangen wir also mit der Reinkarnation an, dem Reihensechszylinder Benziner M256. Entwickelt wurde das rund 3.0 Liter Hubraum fassende Aggregat in den letzten fünf Jahren und wurde extra für die Elektrifizierung ausgelegt. Mit ihm sollen sich sogar bessere Fahrleistungen erzielen lassen, als mit dem aktuellen V8. Bei der Leistung sprechen wir hier von 408 PS und 500 Nm Drehmoment. Daran haben die Schwaben, entgegen ihres Rufs, also nicht gespart.
Realisiert wird die hohe Ausbeute über eine zweistufige Aufladung. Hier übernimmt ein elektrischer Verdichter das Gap bis zum großen Turbolader. Und das dürfte bestens funktionieren, schließlich braucht der kleine E-Lader nur 300 Millisekunden, um auf seine 70.000 U/min zu kommen. Das Turboloch dürfte damit gänzlich ad Acta gelegt werden.
E-Boost: das 48-Volt-Netz
Hinzu gesellt sich beim M256 das neue 48-Volt-Netz, dass auch in anderen Aggregaten der neuen Motoren-Familie zu finden sein wird. Gekennzeichnet ist dieses System vor allem durch Verzicht: Der Reihensechser spart sich den Riemenantrieb für Nebenaggregate an der Stirnseite. Im Ergebnis werden die Wasserpumpe und Klimakompressor also vom neuen 48-Volt-Netz angetrieben. Und das schafft Platz: Der M256 baut fast so kompakt wie ein Vierzylinder. Dennoch ist das 12V-Netz weiterhin vorhanden und speist Verbraucher wie die Beleuchtung, das Infotainment und weitere.
Neu ist auch der ISG – der integrierte Starter Generator. Jener übernimmt, neben seiner Funktion als konventioneller Anlasser, auch den Hybrid-Antrieb. So lässt sich etwa ein Boost von maximal 20 PS über den ISG erzeugen. Natürlich ermöglicht dieser neue Generator auch das genaue Gegenteil vom Gasgeben – das Sparen. Über ihn rekuperiert der M256 und kann darüber hinaus segeln – also auskuppeln und ohne eigene Widerstände dahingleiten. Beim Thema Sauberkeit muss natürlich auch der neue serienmäßige Partikelfilter für Benziner genannt werden. Dieser filtert, wie man es bislang von Dieseln kennt, winzig kleine Partikel aus den Abgasen heraus und macht die Benziner damit noch grüner. Pardon, ich meine natürlich blauer: Bei den Stuttgartern nennt sich die Umwelttechnologie schließlich BlueTech.
Auch als Selbstzünder: Der Reihensechszylinder Diesel OM 656
Er soll der Top-Diesel der Baureihe werden und ersetzt den 3,5 Liter großen V6-Diesel. Mit der neuen Mercedes Motoren-Familie schrumpft der Hubraum jedoch auf 2,9 Liter, wird aber als 3,0 Liter bezeichnet. Seine Ausbeute: 313 PS und 650 Nm. Damit braucht er die ähnlich starke Konkurrenz von Mercedes und Audi nicht fürchten.
Natürlich kommt bei diesem Aggregat nur die neuste Technologie zum Einsatz. Ein Alugehäuse, Stahlkolben, die auf besonders geringe Lauf-Widerstände setzende Nanoslide Laufbahnbeschichtung und zwei hintereinander geschaltete Turbolader sorgen in Verbindung mit der Hochdruck-Kraftstoffeinspritzung für Fahrspaß bei gleichzeitiger Effizienz. Beim OM656 gleicht die Abgasnachbehandlung der des OM654 und vertraut auf einen Motor-nah verbauten SCR- sowie Partikelfilter. Dabei unterstützt die variable Ventilsteuerung „Camtronic“ das Aufheizen der Abgasanlage. Damit wird für besonders saubere Abgase gesorgt.
M264: Vierzylinder-Benziner mit bäriger Kraft
Wie man es eigentlich auch gewohnt ist, vertrauen auch die Vierzylinder auf die Anordnung in Reihe. Aber das ist nichts Neues. Das neue Top-Modell bei den Vierendern verfügt über zwei Liter Hubraum und leistet rund 270 PS. Verantwortlich für diese Leistung ist der Twinscroll Turbolader, der in seinem Aufbau dem des Mercedes A45 AMG ähnelt. Auch hier findet sich die variable Ventilsteuerung Camtronic. Doch der M264 verfügt über einen konventionellen Riemenantrieb, der den neuen Starter-Generation antreibt – den RSG. Der riemengesteuerte Starter-Generator kann bis zu 14 PS Boost bereitstellen, die ab rund 2.500 U/min bereitstehen. Auch er bietet die Möglichkeit zur Bremsenergie-Rückgewinnung und zum Segeln. Und dank ECO-Funktion kann der M264 bereits beim Anrollen mit niedriger Geschwindigkeit seine Start-Stopp-Funktion nutzen.
Highlight der neuen Motoren-Familie: Der V8 Biturbo M176
Der erste Antrieb der neuen Mercedes-Motorenfamilie ist der M176 – ein V8 Biturbo mit vier Litern Hubraum, 476 PS und 700 Nm maximalem Drehmoment. Der V8 wurde von AMG für Mercedes entwickelt und werkelt in ähnlicher Form bereits in der G-Klasse. Für 2017 wurde er jedoch nochmals überarbeitet und will mit seiner Zylinderabschaltung sparsam sein. Über die Camtronic kann der M176 im Teillastbereich vier Zylinder gleichzeitig abschalten und so im Drehzahlbereich zwischen 900 und 3.250 U/min Benzin sparen. Im Bereich darüber, oder bei Vollgasanforderungen, schalten sich die Zylinder 2,3,5 und 8 wieder zu. All das geschieht unmerklich innerhalb von zwei Kurbelwellenumdrehungen – also in Sekundenbruchteilen. Damit auch der M176 eine weiße Weste vorweisen kann, sorgt auch hier ein Partikelfilter für saubere Abgase.