Vorweg: Ich darf kein Motorrad fahren! Meine Freundin hat es mir verboten und ich halte mich an das Verbot, da ich ihr Recht gebe: Motorrad fahren ist gefährlich, die Wahrscheinlichkeit in Unfälle verwickelt zu werden ist viel höher als für PKW-Fahrer und ich wäre vermutlich ein Kandidat der hin und wieder auch mal gerne etwas sportlicher unterwegs wäre.

Motorrad fahren ist gefährlich

Bringen wir es kurz auf den Punkt: 9,3-mal höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Motorradfahrer in einen Unfall verwickelt wird, wenn man es mit PKW-Fahrern vergleicht. 18,9-fach höher ist das Risiko einen tödlichen Unfall zu erleiden und 17,0 fach höher ist die Wahrscheinlichkeit schwerverletzt aus der Nummer herauszukommen.

Ich selbst war mal Zeuge von einem schweren Motorrad-Unfall. Der Fahrer hat scheinbar die Geschwindigkeitsbegrenzung übersehen, die Maschine in einer Kurve “verloren” und trennte sich anschließend mindestens von einem Bein. Ja, das ist tragisch und drastisch zu gleich und ich möchte mit diesem Beitrag eine komplette Industrie wach rütteln, denn es gibt ja Lösungen. Schließlich ist das ABS (das Anti-Blockier-System) bei neuen Motorrädern ja inzwischen auch Pflicht.

Motorrad fahren könnte sicherer sein

Continental-Ingenieure haben Assistenzsysteme für Motorräder entwickelt. Bei Conti spricht man von den ARAS, eine Abkürzung für “Advanced Rider Assistance Systems”. Dabei will man bei Continental nicht den Fahrspaß minimieren, sondern die Fahrsicherheit maximieren. Das Ziel: Die große Null. Die Vision Zero. Die Vision von dem unfallfreien Fahren.

Wie beim PKW auch darf der Motorradfahrer frei entscheiden wie stark er sich unterstützen lassen möchte, es gibt aktive und passive Sicherheitssysteme und vor allem weniger Sensoren als bei einem PKW, da ein Motorrad bauartbedingt ja schon viel weniger Platz anbietet.

Passive Assistenzsysteme für Motorräder

Passive Assistenzsysteme könnten die Motorradfahrer bei kritischen oder aber komplexen Fahrsituationen warnen bzw. die Aufmerksamkeit des Fahrers gezielt auf eine jeweilige Situation lenken.

Die passiven Systeme warnen also “nur”, so z.B. der Totwinkel-Assistent, der Spurwechsel-Assistent, der Kollisionswarner für vorausfahrenden und rückwärtigen Verkehr, oder aber auch die Verkehrszeichenerkennung.

Für den Totwinkel-Warner gibt es einen Radarsensor am Heck des Motorrades. Dieser Sensor überwacht die Bereiche, die der Fahrer ggf. übersehen könnte. Nähert sich ein Fahrzeug auf der linken Spur, wird der Fahrer gewarnt. Das gleiche gilt für den Spurwechsel-Assistent für Motorräder, der in dem Fall ebenfalls eine Warnung anzeigt, dass der Spurwechsel jetzt wohl besser nicht vollzogen werden sollte. Der Kollisionswarner warnt vor plötzlich stark abbremsenden Fahrzeugen, reagiert der Fahrer nicht, könnte ein aktiver Notfall-Bremsassistent hier noch eingreifen.

Die Verkehrzeichenerkennung für Motorradfahrer ist auch eine schöne Erfindung, denn bereits als Autofahrer kennt man die Situation, dass man ggf. mal ein Verkehrszeichen in dem Schilderwald übersehen hat und sich die Frage stellt: “Wie schnell darf ich hier eigentlich fahren?” – Durch eine Kamera werden die Schilder erfasst und angezeigt. Der Motorradfahrer bekommt Informationen über die zulässige Höchstgeschwindigkeit und ob gerade das Überholen erlaubt oder verboten ist, auch die versehentliche Einfahrt in eine Einbahnstraße könnte so der Vergangenheit angehören.

Der Scheinwerfer-Assistent gehört zu den passiven Systemen, obwohl er aktiv eingreift. Zwischen Fern- und Abblendlicht wird automatisch umgeschaltet um jederzeit die Straße komplett auszuleuchten aber entgegenkommende bzw. vorausfahrende Fahrzeuge nicht zu blenden. Ich bin der Überzeugung, dass gerade bei der Motorradfahrt der Spruch: “Mehr Licht = Mehr Sicht = Mehr Sicherheit” wie die Faust aufs Auge passt und wenn der Fahrer die Hände am Lenker lassen kann und somit noch sicherer unterwegs ist, dann ist das doch für alle Verkehrsteilnehmer eine gute und sichere Sache.

Aktive Assistenzsysteme für Motorräder

Assistenzsysteme für Motorräder können über Gas und Bremse sogar in die Fahrdynamik eingreifen und die Motorradfahrer somit unterstützen bzw. schützen.
Bei den aktiven Assistenzsystemen für Motorräder gibt es z.B. einen intelligenten Abstandsregeltempomat oder aber auch einen Notbrems-Assistenten. Egal ob als getrennte oder kombinierte Systeme erhöhen diese schon die Sicherheit im PKW-Segment, vor allem wenn man längere Strecken auf gerader Straße unterwegs ist und der Fahrspaß gerade nicht im Vordergrund steht. Längere Strecken die ermüdend auf die Fahrer wirken können, werden durch den Einsatz von intelligenten Tempomaten, die den Abstand zum vorherfahrenden Fahrzeug automatisch halten können zum Genuss, vor allem in der Rush-Hour wo der Fahrspaß gen Null tendiert.

Wie funktioniert der Abstandshaltetempomat beim Motorrad?

Das Motorrad ist in dem Fall mit einem Radarsensor ausgestattet, dieses blickt nach vorne und erkennt das vorherfahrende Fahrzeug. Durch die Anpassung der Fahrgeschwindigkeit des eigenen Motorrades wird der Abstand gleich gehalten. Selbst bei Schräglagen erkennt dier Abstandsregeltempomat den notwenigen Abstand und greift passend ein. Ideal ist das System für Autobahnen oder Landstraßen, wenn dann die nächste Bergetappe ruft kann man das System ja wieder ausschalten.

Notbrems-Assistent für Motorräder

Im PKW hat mir der Notbrems-Assistent schon einmal sprichwörtlich “den Hintern gerettet”. Ich hatte ein Fahrzeug, welches vor mir fuhr, zwar gesehen, aber den Bremsvorgang falsch eingeschätzt. Aus einer normalen Bremsung wurde eine vom Fahrzeug eingeleitete Gefahrenbremsung und der Anhalteweg wurde dadurch deutlich verkürzt.

Das geht auch beim Motorrad. Durch den Radarsensor an der Front und der Regelsoftware im Steuergerät erkennt das System eine drohende Situation und warnt den Fahrer, unterstützt durch einen Vorbremsdruck und verkürzt so die Distanz. Ein System welches meiner Meinung nach Pflicht werden sollte, denn sollte der Fahrer nicht reagieren, dann wird das Motorrad mit Hilfe des Notbremsassistenten selbstständig bremsen – wenn der Fahrer beide Hände am Lenker hat. Dabei warnt ein flackerndes Bremslicht den rückwärtigen Verkehr, damit die auch noch passend reagieren können. Hat der Fahrer – aus welchen Gründen auch immer – nicht beide Hände am Lenker wird das System nicht funktionieren, da in dem Fall die Maschine nicht mehr beherrschbar sein dürfte.

Meiner Meinung nach wird es Zeit für mehr Assistenzsysteme für Motorräder, egal ob nun gemütliche Chopper, Cruiser oder rasante Sportmaschinen. Es gibt bei der Fahrt mit dem Motorrad sicherlich immer diesen einen Moment “Wo es knapp war!” – und wenn man diese Momente durch den Einsatz der Technik verhindern kann, dann wird die Welt da draußen etwas sicherer und wir kommen alle gemeinsam der Vision Zero etwas nähe, denn ich möchte nicht noch einen Motorrad-Unfall erleben, egal ob aktiv oder passiv.