Wenn die Neurotransmitter präsynaptisch freigesetzt und des Weiteren postsysnaptisch an spezifische Rezeptoren angedockt werden, dann sitzt man wahrscheinlich in einer Chevrolet Corvette! Wir spielen kurz eine Runde Autoquartett: 6.2 Liter V8! 659 PS, 881 Newtonmeter Drehmoment. Das sind die Werte bei denen nicht nur der Fahrer Glückgefühle und Schmetterlinge in der Magengegend bekommt. Unterstützt wird dieses Gefühl dann noch, wenn man innerhalb von 3,7 Sekunden auf Tempo 100 katapultiert.

Ein infernaler Klang!

Dabei sorgt die verbaute Abgasanlage im Zusammenwirken mit dem potenten V8 für eine infernale Klangkulisse. Das was andere als unsinnigen Lärm verurteilen würden, beschreibe ich mal als Symphonie der Kraftstoff-Vernichtung. Da bekomme ich sogar in der Tempo 30 Zone eine Piloarrektion. Noch nie gehört? So nennt man es in der Medizin, wenn sich die Körperbehaarung aufstellt. Im Volksmund wird das auch mit “Gänsehaut” umschrieben.

Das Rezept ist so einfach: Motor am vorderen Ende, 8-Gang Getriebe und Kraftabgabe im Heck. Die 15 Liter Kraftstoff (kombiniert) die auf einer Strecke von 100 Kilometer durch die Brennräume rauschen, dürfen sich durchaus pläsierlich, wenn nicht sogar paradisisch schätzen. Der Kraftstoff sorgte neben der Kraft für den Vortrieb definitiv auch für ein kurzzeitiges Gesichtslifting hinterm verstellbaren Volant und wurden anschließend durch die Corvette veredelt in die Freiheit gesetzt.

Unbestritten: Eine Chevrolet Corvette ist kein Vernunftsfahrzeug. Ab und zu muss man auch mal so völlig vernunftwidrig sein. Wobei, mit der Corvette kann man auch (ganz) gelassen fahren. Die ist dann sogar ganz und gar bequem. Kaum zu vermuten! Durch die Zylinderabschaltung kann man der Corvette bei gemäßigter Geschwindigkeit auf der Autobahn sogar zehn 10 Liter kommen. Aber wer möchte das schon? Die Corvette nicht im Entferntesten. Ich keineswegs. Der Tankstellenbetreiber schon gar nicht.

Der Verbrauch ist hoch!

Sieht der Digital-Tacho die Höchstgeschwindigkeit von 315 km/h häufiger, dann wird sich der 70 Liter große Tank schneller leeren als einem lieb ist. Erfreulich, dass Chevrolet hier keinen 40 Liter Eimer als Tank verbaut hat. Bei unserem Testfahrzeug waren noch Winterreifen montiert. Maximal 270 km/h durften wir fahren, das klappte auf trockener Straße ganz vorzüglich. Das Fahrwerk von der Chevrolet Corvette ging zusammen mit Fahrbahn und Bereifung eine Symbiose ein, mindestens solange bis irgendein amtlicher Staumelder dafür sorgte, dass die Bremsanlage getestet werden musste.

Auch diese spricht perfekt an und lässt sich gut dosieren. Auf leicht feuchter Fahrbahn sollte man mit dem Gasfuß vorsichtig sein, wer in dem Fall beherzt in das Fahrpedal tritt und das maximale Drehmoment bzw. die maximale Leistung über die 8-Gang Automatik zu den Hinterrädern schickt, der muss sich nicht wundern wenn a) die Assistenten eine Menge zu tun haben um den Vortriebswunsch zu erfüllen oder b) das Heck quer kommt. PS.: Man kann die Corvette auch mit einem Verbrauch von 30 Liter auf 100 km fahren, also wenn man den Tankwart häufiger besuchen möchte.

8″ Infotainment-System, Apple Carplay, Rückfahrkamera, DAB+, Sitzheizung und Kühlung (nicht gleichzeitig), Klimaanlage und ein Dach welches sogar von der Fernbedienung aus geöffnet werden kann. Was will man eigentlich mehr? In den Kofferraum passen zwei Kabinen-Koffer. Mit geöffnetem Verdeck etwas weniger, mit geschlossenem etwas mehr. Aber darauf kommt es hier ja wahrlich nicht an. Die Corvette bietet zwei Personen ausreichend Platz und dem Beifahrer zwei Punkte zum Festhalten wenn der Fahrer auf Rekordfahrt ist.

Wir wollten doch alle mehr Sport wagen! Die Corvette ist und bleibt ein Sportwagen! Im Vergleich zum Porsche 911 und zum Mercedes-AMG GT ist sie zwar ein Exot auf unseren Straßen, aber ein Fahrzeug mit beindruckender Historie. 1953 kam die erste Corvette auf den Markt. Nun, ein paar Jahrzehnte später schlägt die Chevrolet Corvette immer noch ihre Marktbegleiter: In Sachen Preis, in Sachen Leistung und in Sachen Hubraum.

Chevrolet Corvette – Der Preis ist heiß!

Los geht es ab 127.500 Euro – als Cabrio – dazu kommt dann noch der Aufpreis für die Farbe (Artic weiß), etwas Karbon im Innenraum, die Sportsitze (die mir persönlich etwas zu eng waren), die schwarz lackierten LM-Räder, die Brembo-Carbon-Keramik-Bremsanlage und schon landet man bei 140.800 Euro. Im Vergleich zu den offenen Sportwagen aus Deutschland in der Leistungsklasse also weiterhin ein Schnäppchen. Doch wo ist hier denn nun endlich die Kritik? Das liest sich ja wie eine Corvette-Werbung?

Glücklicherweise kann man ja sagen, dass so eine Chevrolet Corvette nur noch bei sehr wenigen Mitmenschen ein Klischee aufgedrückt bekommt. Eine Luden-Karre ist die Corvette sicherlich nicht mehr. Aber auffällig ist sie, während jeder einen Porsche 911 fahren kann und damit kaum noch auffällt, wird man mit einer Corvette ganz sicherlich nicht übersehen und schon gar nicht überhört. Es sei denn man möchte das und stellt die Abgasanlage auf leise. Aber wer sollte das schon wollen? Die Corvette ist mit der langen Haube schon etwas unübersichtlich. Das Fahrzeug ist schon ab Werk so tief, dass man im Parkhaus aufsetzt und auch die Materialanmutung ist etwas amerikanisch angehaucht. Kein Wunder, dort wird sie ja schließlich auch gebaut. Aber in Sachen Einlenkverhalten, Fahrvergnügen, Beschleunigung ist sie den Mitbewerbern eben würdig, wenn nicht sogar überlegen und das werde ich ja wohl noch schreiben dürfen, oder?